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Bulle im Dienste der Senioren

28. Juli 2021 – Wie überall hat Covid-19 auch in Bulle die Missstände in unserer Gesellschaft akzentuiert. Diese beispiellose Gesundheitskrise hatte – zusammen mit den Massnahmen zum Bevölkerungsschutz – grosse Veränderungen im Leben der Seniorinnen und Senioren zur Folge. Die Stadt Bulle hat indessen nicht nur reines Krisenmanagement betrieben, sondern auch ihr kommunales Konzept zugunsten der älteren Menschen entwickelt und eine Seniorenbeauftragte eingesetzt.

Mireille Niquille, Seniorenbeauftragte der Stadt Bulle

 

Die Veränderungen infolge der Pandemie haben sich negativ auf das Wohlbefinden der Seniorinnen und Senioren, auf ihren Alltag und ihre Lebensqualität ausgewirkt. Einige von ihnen waren isoliert und konnten bestimmte, unerlässliche Aufgaben des täglichen Lebens wie einkaufen, Apotheken- oder Arztbesuche, Abfälle entsorgen usw. nicht mehr erledigen. Hinzu kommt, dass das von den Medien transportierte negative Bild zu Spannungen zwischen den Generationen geführt und den älteren Menschen den schmerzlichen Eindruck vermittelt hat, für ihre Familie und die Gesellschaft im Allgemeinen eine Last zu sein.

 

Die Kommunikation mit den Seniorinnen und Senioren als zentrale Herausforderung während der Krise

Die Pandemie löste einen dringenden Bedarf an Hilfe und sozialer Unterstützung aus. Als Reaktion auf diese aussergewöhnliche Gesundheitslage hat die Stadt Bulle im März 2020 eine Hotline eingerichtet, um den Bedürfnissen der Seniorinnen und Senioren gerecht zu werden. Da es zwei Gruppen von älteren Menschen gibt – diejenigen, die das Internet nutzen, und diejenigen, die das Internet nicht nutzen –, bestand die zentrale Herausforderung darin, Wege zu finden, mit ihnen zu kommunizieren und ihnen Informationen zukommen zu lassen. So haben wir 3430 betroffenen Personen ein Schreiben zugesandt, in dem ihnen zunächst einmal versichert wurde, dass die Kommunalverwaltung für sie da ist, und mit dem sie über die Einrichtung unserer Hotline und die Durchführung zahlreicher Selbsthilfeinitiativen informiert wurden. Die Presse, unsere Website und die sozialen Medien haben diese Informationen ebenfalls weiterverbreitet. Durch die sehr wertvolle Zusammenarbeit mit der Präfektur und dem Gesundheits- und Sozialnetz Greyerz konnten wir verschiedene Arbeits- und Informations-Tools nutzen und auf diese Weise Lösungen für die Probleme der Menschen finden, die sich an die Hotline gewandt hatten.

 

Gleichzeitig haben wir eine «Solidaritätsplattform» eingerichtet, um die verschiedenen Massnahmen der örtlichen Vereine, Kollektive und Einrichtungen zu koordinieren. Zudem gab es eine deutliche Zunahme bei der nicht organisierten, gemeinschaftsbasierten Nachbarschaftshilfe. Tatsächlich haben sich viele Bürgerinnen und Bürger ehrenamtlich engagiert und ihren älteren Nachbarn Hilfe und Unterstützung zukommen lassen. Wir können sehr stolz auf alle Menschen sein, die sich auf diese Weise solidarisch gezeigt haben – ohne natürlich die Familien zu vergessen, die für das Wohlergehen ihrer älteren Angehörigen eine ganz zentrale Rolle gespielt haben.

 

Unser kommunales Konzept zugunsten der älteren Menschen

Mit der Unterstützung der Arbeitsgruppe des Gesundheits- und Sozialnetzes Greyerz hat die Stadt Bulle ein kommunales Konzept zugunsten der Seniorinnen und Senioren für die Jahre 2021 bis 2025 entwickelt, mit dem in erster Linie die folgenden Ziele verfolgt werden:

  • Umsetzung von Massnahmen, die es den älteren Menschen ermöglichen, so lange wie möglich in ihrer Wohnung zu bleiben und nicht verfrüht in Wohn- oder Pflegeheimen untergebracht zu werden.
  • Vermeidung einer Isolierung von Seniorinnen und Senioren, indem ihnen die Möglichkeit geboten wird, im Rahmen eines generationenübergreifenden Ansatzes umfassend am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen.
  • Einbeziehung aller potenziell betroffenen privaten und öffentlichen Akteure des Bezirks, sodass sie gemeinsam Überlegungen anstellen und zusammenarbeiten können, um die mit einer alternden Bevölkerung verbundenen Veränderungen und Auswirkungen frühzeitig anzugehen.

 

2019 wurde eine Seniorenkommission mit 11 Mitgliedern eingerichtet, deren Vorsitzende unsere Gemeinderätin und Leiterin der Direktion für Gesundheit und Soziales, Chantal Pythoud, ist. Zudem wurde der Posten einer Seniorenbeauftragten geschaffen, die sich um die allgemeine Koordination und die Umsetzung des Aktionsplans für soziale Alterspolitik kümmert.

 

Glücklicherweise wurden bereits vor der Gesundheitskrise verschiedene Schritte unternommen und Überlegungen angestellt. Wir werden unsere Arbeit in diesem Bereich fortsetzen, indem wir die in unserem Aktionsplan vorgesehenen Massnahmen umsetzen.

 

Die im Rahmen der Entwicklung des kommunalen Konzepts zugunsten der Seniorinnen und Senioren durchgeführte Bedarfsanalyse und der partizipative Seniorentreff «World Café Seniors» haben gezeigt, dass es den Wunsch nach einem Ort des Austauschs zur Förderung der sozialen Kontakte zwischen älteren Menschen gibt. Im Juni 2020 wurde der Verein EspaceSenior gegründet, dessen Ziel es ist, einen Raum für Begegnungen und Freizeitaktivitäten zu schaffen, damit Senioren ab 60 Jahren leichter Kontakte knüpfen können. Der von einem sympathischen und dynamischen Senioren-Team geleitete Verein bietet seinen Mitgliedern für nur 30.- CHF/Jahr die Möglichkeit, an verschiedenen Aktivitäten teilzunehmen, bei der Entwicklung weiterer Aktivitäten zu helfen und sich bei einem Kaffee in netter Runde zu treffen.

 

Aktuell ist eine stetige Verbesserung der Gesundheitslage in der Schweiz zu beobachten. Daher hoffen wir, dass wir in diesem Herbst alle vor der Krise ins Leben gerufenen Innen- und Aussenaktivitäten wieder aufnehmen können. Die mit Abstand beliebteste Aktivität ist zweifelsohne der «Tanztee», der jeden Dienstagnachmittag stattfindet. Bis zu 170 Seniorinnen und Senioren aus dem gesamten Gemeindegebiet sind jeweils zusammengekommen, um sich zu amüsieren, zuzuhören, sich auszutauschen und auf dem Parkett des grossen Saals unseres Rathauses zu tanzen. Aber auch die Wiederaufnahme der anderen Aktivitäten wie Jassen, Schach, Tischtennis, Wandern, Seniorencafés usw. wird sehnsüchtig erwartet.

 

Lancierung mehrerer generationenübergreifender Projekt

Im Rahmen der Politik für ältere Menschen des Kantons Freiburg, Senior+, haben wir für mehrere generationenübergreifende Projekte Finanzhilfen erhalten. Zwischen der Direktion für Jugend der Stadt Bulle und der Seniorenbeauftragten ist eine fruchtbare Zusammenarbeit zur Umsetzung verschiedener generationenübergreifender Projekte entstanden.

 

So startete im Herbst 2020 das erste Projekt: «Pass’âge». Dabei unterstützen ehrenamtlich tätige Seniorinnen und Senioren junge Erwachsene mit ihrer Erfahrung und ihren Kenntnissen, wenn es etwa um Steuern, Budgetverwaltung, Versicherungen, Mietrecht oder Pflichten rund um die Bürgerschaft geht – also um Herausforderungen, die junge Menschen mit Erreichen der Volljährigkeit zu bewältigen haben.

 

Im Rahmen eines ganz anderen, jedoch ebenfalls auf Gemeinschaft und Austausch ausgelegten Projekts, wird vom 6. September bis 1. Oktober in den Strassen von Bulle zum ersten Mal ein elektrisches Tuk-Tuk verkehren, das beim Verein REPER gemietet wurde. Das Tuk-Tuk, das von zwei jungen Leuten gefahren wird, bringt Seniorinnen und Senioren kostenlos wohin auch immer sie Lust haben. Mit dieser Initiative sollen die sozialen Kontakte zwischen jungen und älteren Menschen bei einer geselligen und zugleich umweltverträglichen Fahrt gefördert werden.

 

Im September heisst es dann «Willkommen im «Generationencafé»! Der «Conseil di dzouno dè la Grevire», ein Verein, in dem junge Menschen zwischen 16 und 30 Jahren aus dem gesamten Bezirk aktiv sind, veranstaltet am 11. September einen generationenübergreifenden Austausch über verschiedene gesellschaftliche Themen. Dabei können Jung und Alt über ihre jeweiligen Standpunkte diskutieren und in geselliger Runde beisammen sein.

 

Es gibt noch viel zu tun

Die Stadt Bulle hat bereits gute Fortschritte gemacht, wenn es darum geht, den Bedürfnissen älterer Menschen gerecht zu werden. Um die Ziele der neuen umfassenden Alterspolitik des Kantons Freiburg zu erreichen, gibt es jedoch noch einiges zu tun: Integration der Seniorinnen und Senioren in die Gesellschaft, Gewährleistung ihrer Autonomie sowie Anerkennung ihrer Bedürfnisse und Fähigkeiten. Pflege, Dienste, Infrastrukturen, Mobilität, Wohnen, Austausch zwischen den Generationen, Aktivitäten: die Handlungsbereiche sind so zahlreich wie vielfältig. Das Wohl der älteren Menschen wird noch lange zentrales Element unserer Überlegungen und unserer Anliegen sein.
 

«Nach Corona. Stimmen aus den Städten» erscheint jeden Mittwoch. Jede Woche äussern sich Exponentinnen und Exponenten aus Politik und Verwaltung sowie Fachpersonen, die für Städte oder zusammen mit Städten tätig sind, in der Textreihe «Nach Corona. Stimmen aus den Städten» dazu, was Schweizer Städte seit der Corona-Krise umtreibt (Abonnieren).

 

Mireille Niquille (links), ist Seniorenbeauftragte der Stadt Bulle, zusammen mit Chantal Pythoud, Gemeinderätin und Leiterin der Direktion für Gesundheit und Soziales

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