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Positionspapier: Politik der frühen Kindheit


Positionspapier: Politik der frühen Kindheit

Die Politik der frühen Kindheit bezieht sich auf die frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung (FBBE). Neben der familienergänzenden Betreuung umfasst sie eine breite Palette von Angeboten der Gesundheitsversorgung, der Elternberatung und -bildung für alle Familien. Dazu gehören beispielsweise die Mütter- und Väterberatung, Hausbesuchsprogramme, Elternbriefe oder auch frühe Sprachförderung. 

 

Die Städte sind Vorreiter im Bereich der frühen Kindheit und erbringen umfassende Leistungen, indem sie Unterstützung von der Geburt bis zur Schulzeit gewährleisten und massgebliche Integrationsaufgaben übernehmen. Damit die Politik der frühen Kindheit und die diesbezügliche Rolle der Städte weiter gestärkt und optimiert werden kann, braucht es Anstrengungen auf allen Staatsebenen.

Weitere Informationen

Basis dieses Positionspapiers bildet die 2019 veröffentlichten Resolution «Städte für eine Politik der frühen Kindheit» der Städteinitiative Bildung und der Städteinitiative Sozialpolitik. 

Nutzen einer Politik der frühen Kindheit

Eine Politik der frühen Kindheit nützt Kindern und Eltern, Städten, Gemeinden und Kantonen, Wirtschaft und Gesellschaft. Qualitativ hochwertige Bildungs- und Betreuungsangebote rücken das Wohl des Kindes ins Zentrum und unterstützen die Eltern. Für Städte, Gemeinden und Kantone sind gute Rahmenbedingungen für das Aufwachsen von Kindern und die Förderung der Chancengerechtigkeit wirkungsvolle Massnahmen der Armuts-, Gesundheits- und Gewaltprävention. Ein gutes Angebot der frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung (FBBE) fördert die Erwerbsbeteiligung beider Eltern, höhere Bildungsabschlüsse der Kinder und die Standortattraktivität. Diese Faktoren wirken sich positiv auf die Steuereinnahmen der öffentlichen Hand aus. Die Schule wird entlastet, indem Kinder gut vorbereitet in den Kindergarten eintreten. FBBE fördert den Spracherwerb von Kindern mit Migrationshintergrund und trägt zur Integration ausländischer Familien bei. In der Wirtschaft wirkt sich ein gutes FBBE-Angebot in Kombination mit familienfreundlichen Arbeitsbedingungen positiv auf die Erwerbstätigkeit und die Produktivität aus. Neben dem wirtschaftlichen Nutzen erhöht die Politik der frühen Kindheit aber auch das Wohlbefinden von Familien und die Lebensqualität in der Gesellschaft insgesamt.

Handlungsfelder und Beitrag der Städte 

 

Grundlagen schaffen

Um die Politik der frühen Kindheit bedarfsgerecht zu planen und zu steuern, braucht es strategische und statistische Grundlagen. Die grossen Städte verfügen schon länger über Strategien zur Politik der frühen Kindheit und mittlerweile auch viele kleinere und mittlere Städte. Für die Weiterentwicklung der Politik der frühen Kindheit braucht es zudem verlässliche statistische Grundlagen auf allen Staatsebenen.

 

Angebote für alle gewährleisten

Ziel einer Politik der frühen Kindheit ist, dass alle Familien mit kleinen Kindern an ihrem Wohnort Zugang zu qualitativ hochwertigen und bedarfsgerechten FBBE-Angeboten haben. Die Städte erbringen hierfür bereits heute grosse Leistungen. Sie stellen das Angebot zur Verfügung und engagieren sich, um die verschiedenen Angebote bekannter zu machen. Zudem bauen sie Zugangshürden ab, um den Zugang auch für sozial benachteiligte Familien zu garantieren.

 

Angebote und Akteure koordinieren und vernetzen

Für die Politik der frühen Kindheit sind verschiedene Politikbereiche zuständig. Die Städte leisten Basisarbeit, indem sie intern die Koordination ressortübergreifend vorantreiben, Vernetzungstreffen organisieren und Weiterbildungen anbieten. Wichtig ist die Verknüpfung von Angeboten der FBBE mit weiteren Leistungen für Kinder und deren Familien wie z.B. medizinische Grundversorgung, Integrationsförderung oder Wirtschaftshilfe. Städte und Kantone sind gefordert, die Angebote des Frühbereichs auch auf den Schulbereich abzustimmen. Um Dialog, Erfahrungsaustausch und Wissenstransfer zur frühen Kindheit unter allen Akteuren der FBBE nachhaltig sicherzustellen, ist eine Koordination über die kommunale, kantonale und nationale Ebene hinweg zentral.

 

Qualität sichern und verbessern

Kompetentes Personal und gute strukturelle Rahmenbedingungen gewährleisten eine hohe Qualität der FBBE-Angebote. Diese wirken sich positiv auf die kognitiven, sprachlichen und sozialen Fähigkeiten von Kindern aus. Qualitätssicherung und -entwicklung sind deshalb ein weiteres zentrales Ziel einer Politik der frühen Kindheit. Fachpersonen benötigen stetige Weiterbildung. Laien und Freiwillige, die im Frühbereich arbeiten, brauchen angemessene Begleitung. Kommunale und kantonale Finanzierungsmodelle haben gute Arbeitsbedingungen, angemessene Löhne und genügend zeitliche Ressourcen für Austausch, Supervision und Weiterbildung sicherzustellen.

 

Angebote finanzieren

Eine Politik der frühen Kindheit setzt sich dafür ein, dass die Finanzierung der Angebote gesichert und die Angebote für alle Familien bezahlbar sind. Dies muss auch unter erschwerten Bedingungen der Fall sein (z.B. Pandemie, Rezession). Die grösseren Städte investieren aktuell jährlich mehrere hundert Millionen Franken in die Politik der frühen Kindheit. Die passende Ausgestaltung von Finanzierungsmodellen ist eine Aufgabe, die Städte und Gemeinden, Kantone und Bund gemeinsam mit Trägerschaften und Fachorganisationen angehen müssen.

Weiterentwicklung der Politik der frühen Kindheit

Forderungen des Städteverbandes zur generellen Weiterentwicklung der Politik der frühen Kindheit

  • Statistische Grundlagen: Für die Weiterentwicklung der Politik der frühen Kindheit braucht es statistische Grundlagen wie beispielsweise eine Bestandsaufnahme der kantonalen Politik der frühen Kindheit, eine nationale Kinderbetreuungsstatistik sowie bessere Daten zur Gesundheit von Kindern im Vorschulalter.
  • Koordination: Die Koordinationsgefässe und der bereits existierende Informationsaustausch zwischen Bund, Kantonen und Städten bzw. Gemeinden im Bereich der Kinder- und Jugendpolitik werden konsequent auf die frühe Kindheit ausgeweitet. Wo nötig, werden neue Koordinationsgefässe geschaffen.
  • Zuständigkeit: Für die Politik der frühen Kindheit braucht es klare Zuständigkeiten auf allen Staatsebenen. Die Städte sprechen sich für einen Verfassungsartikel aus, der die gemeinsame Verantwortung von Bund, Kantonen, Städten und Gemeinden für die frühe Kindheit formuliert.
  • Finanzierung: Für die Weiterentwicklung der Politik der frühen Kindheit sind finanzielle Mittel notwendig. Dazu sollen alle Staatsebenen ihren Beitrag leisten. Zudem müssen die Städte Zugang zu den finanziellen Mitteln von Bund und Kantonen für die frühe Kindheit erhalten. Bundesgelder müssen auch direkt an die Städte und Gemeinden fliessen können.
  • Konkordat: Die Städte fordern ein Konkordat zur Politik der frühen Kindheit, in welchem die Kantone vereinbaren, wie sie ihren Verpflichtungen aus der Schweizerischen Bundesverfassung und der UNO-Kinderrechtskonvention im Bereich frühe Kindheit nachkommen und zusammenarbeiten. Darin sollen die Kantone das Grundangebot festlegen und sich auf Mindeststandards verständigen.

Forderungen des Städteverbandes zur familienergänzenden Kinderbetreuung

  • Ausbau Angebot: Es sollen auf allen Staatsebenen Rahmenbedingungen und Anreize geschaffen werden, damit das Angebot an subventionierten Betreuungsplätzen weiter ausgebaut wird.
  • Höhere Subventionierung: Die Elterntarife für tiefe und mittlere Einkommen müssen tiefer angesetzt werden. Dazu muss der Anteil der öffentlichen Finanzierung erhöht werden. Die kommunale Ebene kann diese Kosten nicht alleine tragen. Es braucht Unterstützung von Kantonen und Bund.
  • Einbezug Arbeitgeber: Arbeitgeber profitieren direkt von einer Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Sie sollen deshalb in allen Kantonen einen Beitrag leisten. Es gibt in der Romandie bereits funktionierende Modelle der Beteiligung von Arbeitgebern an der Finanzierung der familienexternen Kinderbetreuung.
  • Qualität verbessern: Um die Qualität sicherzustellen, braucht es schweizweit verbindliche Mindeststandards bezüglich Aus- und Weiterbildung des Personals, pädagogischem Konzept und Betreuungsschlüssel. Ausserdem ist eine bessere Entlöhnung des Betreuungspersonals anzustreben.
  • Sensibilisierung: Bevölkerung und Politik sollen dafür sensibilisiert werden, dass sich Investitionen in qualitativ hochwertige familienergänzende Kinderbetreuung lohnen und sich für alle Beteiligten auszahlen.
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