Genf, eine barrierefreie Stadt
Francesca Cauvin, Projektkoordinatorin, Sozialdienst Stadt Genf, Direktion für soziale Kohäsion und Solidarität
Im Jahr 2020 hat die Stadt Genf eine Politik in die Wege geleitet, die auf dem Grundsatz des hindernisfreien Zugangs für alle beruht.
Das im Übereinkommen der UNO über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (BRK) verankerte Prinzip der universellen Zugänglichkeit zeichnet sich durch einen inklusiven Ansatz aus, der die unterschiedlichen Bedürfnisse und Lebensbedingungen der Menschen bereits bei der Planung eines Projekts berücksichtigt. Dieser Ansatz gilt sowohl für die Gestaltung eines öffentlichen Raumes oder Gebäudes als auch für die Entwicklung einer Verwaltungsdienstleistung oder die Organisation einer Veranstaltung. Er verfolgt ausschliesslich das Ziel, dass der Nutzen im Endergebnis allen Menschen zukommen soll, ohne für die eine oder andere Zielgruppe Anpassungen erforderlich zu machen.
Dieser Ansatz beruht auf folgender Feststellung: Im Laufe seines Lebens kann jeder Mensch mit einer - manchmal länger dauernden - Einschränkung seiner Mobilität, seiner Sinneswahrnehmungen oder seines allgemeinen Gesundheitszustandes konfrontiert werden. Und wenn eine solche Situation im Lebensverlauf eines Menschen eintritt, spielt das Umfeld im Hinblick auf die Gewährleistung einer guten Lebensqualität und die damit verbundene Verringerung der behinderungsbedingten Schwierigkeiten eine entscheidende Rolle.
Genf arbeitet eng mit Verbänden von Menschen mit funktionellen Einschränkungen zusammen, mit dem Ziel, die Prioritäten der Stadt im Bereich der Barrierefreiheit gemeinsam zu bestimmen. Dabei zeigt sich, dass ein ganzheitlicher Ansatz, der alle autonomierelevanten Faktoren einer Person miteinbezieht, eine positive wechselseitige Dynamik in Gang bringen kann.
In diesem Sinne entstanden im gleichen Zeitraum zahlreiche Projekte in den Bereichen Information, Zugang zu Gebäuden und öffentlichen Räumen, Antidiskriminierung und soziale Teilhabe.
Im Bereich der Mobilität werden Maßnahmen sowohl für die sichere Fortbewegung im öffentlichen Raum als auch für die Sensibilisierung des städtischen Personals auf die speziellen Bedürfnisse bei der Betreuung und/oder Begleitung umgesetzt. Weiter erarbeitete die Stadt zusammen mit Pro Infirmis Indikatoren für die Zugänglichkeit, die anschliessend insbesondere bei der Beschreibung der städtischen Gebäude im Internet verwendet wurden. Zudem wurde ein Leitfaden der bewährten Praktiken zuhanden der OrganisatorInnen von Veranstaltungen veröffentlicht.
Für die städtischen Behörden, insbesondere die Stadträtinnen Christina Kitsos, Leiterin des Departements für sozialen Zusammenhalt und Solidarität, sowie Frédérique Perler, zuständig für Planung, Bau und Mobilität, geht es nicht um die Unterscheidung zwischen autonomen und abhängigen Personen, sondern vielmehr darum, geltend zu machen, dass wir alle auf unserem Lebensweg voneinander abhängig sind und dass sich unsere Städte bei der Gestaltung ihrer Dienstleistungen an die Bevölkerung von diesem Konzept der gegenseitigen Abhängigkeit inspirieren lassen sollten.