Aktuell
Agglomerationspolitik
Studie
Die Agglomerationen der Schweiz wandeln sich ständig: Umbauen, abreissen, neugestalten, wieder-verwerten und ausbauen. Diese Umbrüche sind Teil der urbanen Prozesse. Sie prägen unsere Stadt- und Agglomerationsbilder im Kopf. Zugleich verweisen sie auf Veränderungen der Lebensweisen und kulturelle Eigenheiten. Komplex, dynamisch und oft verborgen sind all die finanziellen, wirtschaftlichen und sozialen Verflechtungen.
Die urbane Schweiz entwickelt sich räumlich nach innen. Sie soll das künftige Bevölkerungs-wachstum ressourcenschonend aufnehmen. Heute sind Agglomerationen und ihre Kernstädte entscheidend für die Lebensqualität, den Wohlstand und den Fortschritt der Schweiz. Der Schweizerische Städteverband fordert deswegen, dass die Agglomerationen einen höheren politischen Stellenwert und Anreize zur Weiterentwicklung erhalten.
Der Städteverband bekennt sich seit langem zu einer starken Agglomerationspolitik. Mit verschiedenen Engagements fordert er dafür notwendige, ordentliche Planungs-, Budget- und Politiksteuerungsprozesse seitens Bundes. Er setzt sich für eine wirksame Agglomerationspolitik ein, bei der verkehrstechnische und sozialräumliche Herausforderungen angegangen werden und die Raumentwicklung alle Dimensionen der Nachhaltigkeit berücksichtigt.
Der Schweizerische Städteverband hat im Frühling 2019 drei Dialoge mit Fachleuten und Vertreterinnen und Vertretern aus Agglomerationen aller Landesteile durchgeführt. Dabei hat sich gezeigt, dass die Agglomerationen in erster Linie mehr Gehör suchen, mehr Erfahrungsaustausch und Kooperation wünschen, selbstbewusster auftreten müssen und auch politischen Handlungsbedarf sehen. Dies verdeutlichen auch die nachfolgenden Stimmen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer.
«Die Agglomerationen müssen in Zukunft eine noch bedeutendere Rolle spielen und sie müssen sich darin behaupten. Es ist wichtig, die Qualitäten und Leistungen der Agglomerationen aufzuzeigen und die Öffentlichkeit dafür zu sensibilisieren, welche Antworten dazu beitragen können, um den Bedürfnissen der Bevölkerung nachzukommen.»
Tinetta Maystre, Exekutivmitglied der Stadt Renens (Municipale), Service de l’urbanisme et service de travaux, Grüne Partei, Präsidentin der Transports publics lausannois
«In der Agglomeration findet die Zukunft statt. Sie ist ein Lehrbetrieb für die gesellschaftliche Entwicklung, dem es Sorge zu tragen gilt.»
Bernardo Albisetti, Departementssekretär des Bau- und Justizdepartementes, Kanton Solothurn
«Agglomerationen und Kernstädte sitzen im gleichen Boot. Grundsätzlich stellen sich überall Fragen zum ökologischen Fussabdruck, zur nachhaltigen Mobilität, zur baulichen Transformation und zur Sozialpolitik.»
Angelus Eisinger, Direktor des Planungsdachverbands Region Zürich und Umgebung RZU
«Trotz der Unterstützung des Bundes ist die Finanzierung von Verkehrsinfrastrukturen eine grosse Herausforderung – Gemeinden können die Kosten nicht alleine übernehmen, die Kantone aber auch nicht. Es braucht mehr Solidarität und eine gemeinsame Planung über alle staatlichen Ebenen hinweg.»
Corinne Margalhan-Ferrat, Koordinatorin der Agglomerationen und der nachhaltigen Entwicklung, Kanton Freiburg
«Die Agglomerationen sind die Antriebskräfte der Verkehrsentwicklung. Die Gemeinden und Städte können diese Herausforderungen nicht alleine lösen. Es braucht eine optimale Abstimmung zwischen den verschiedenen Staatsebenen. Dabei müssen die Mobilitätslösungen der Zukunft über das Gebiet der Agglomeration hinausgehen.»
Thomas Iten, Gemeindepräsident Ostermundigen BE, parteilos
«Die hohe Dynamik der Veränderungen in den Agglomerationen führt zu einem grossen Handlungsbedarf. Das Wachstum ist eine Tatsache, mit der wir zurechtkommen müssen. Entweder wir packen den Stier bei den Hörnern oder geben auf und liefern uns dieser Entwicklung aus.»
Ariane Widmer, Architektin und Urbanistin, Direktorin des Office de l’urbanisme, Kanton Genf, zuvor Direktorin des Planungsbüros «Stratégie et développement de l’Ouest lausannois»
«Frauenfeld ist zwar eine kleine Agglomeration, hat aber vergleichbare Herausforderungen wie die grossen. Auf der kantonalen Ebene sind unsere Themen leider noch nicht angekommen oder durchdacht.»
Anders Stokholm, Stadtpräsident Frauenfeld TG, FDP
«Die Agglomerationen verändern sich rasant. Wir müssen über die Art und Weise des künftigen Zusammenlebens diskutieren und die Ängste der Bevölkerung vor Veränderung ernst nehmen. Das braucht Mut. Aussitzen ist keine Option.»
Christian Mühlethaler, Stadtschreiber Bülach ZH
«Die Agglomerationen müssen ein urbanes Bewusstsein entwickeln. Dies trägt dazu bei, die nötigen Investitionen zur Bewältigung des Wachstums zu treffen, beispielsweise in der Qualität der Bebauung und des öffentlichen Raumes und im Verkehr.»
Fabio Giacomazzi, Raumplaner, Inhaber Büro urbass fgm, TI
«Agglomerationen sind Chancenräume, in denen Neues entstehen kann. Es macht keinen Sinn, die komplexen und vielfältigen Herausforderungen alleine zu bewältigen. Die überlokale Zusammenarbeit ist nicht überall gleich gut und muss besser werden.»
Patrick Bonzanigo, Studienleiter MAS Raumplanung, ETH Zürich