«Die Städte wollen die zunehmenden Bedürfnisse bewältigen»
Wieso sollen die Vertrerterinnen und Vertreter der Städte an den Städtetag nach Aarau reisen?
Aus ganz verschiedenen Gründen: Zum einen ist Aarau eine besonders attraktive mittelgrosse Stadt, die viel zu bieten hat, und dennoch nicht so bekannt ist wie die gängigen Touristenstädte. Dann bietet das diesjährige Thema besonders viel Diskussionsstoff – ich denke für wirklich alle Schweizer Städte. Und schliesslich ist der Städtetag immer wieder eine ausgezeichnete Plattform, um sich über die aktuellen Themen der Schweizer Städtelandschaft auszutauschen.
Das Thema des diesjährigen Städtetages lautet «Mobilität und öffentlichen Raum neu denken». Wieso müssen diese Bereiche neu gedacht werden?
Der öffentliche Raum sowie die Mobilität befinden sich in grossen Transformationsprozessen und sind vielen Anforderungen ausgesetzt, die sich teils überlappen, teils ergänzen, zum Teil aber auch widersprechen. Mit der Mediterranisierung unseres Lebens halten sich immer mehr Leute im öffentlichen Raum auf, für immer mehr Aktivitäten: von der Gastronomie, über das Gewerbe bis hin zu Kultur- und Sportveranstaltungen.
«Der öffentliche Raum sowie die Mobilität befinden sich in grossen Transformationsprozessen.»
Gleichzeitig steigen die Mobilitätsmöglichkeiten: Neben ÖV und MIV soll der Anteil des Langsamverkehrs erhöht werden, alles spielt sich im öffentlichen Raum ab, der nicht unbeschränkt zur Verfügung steht. Es wird demnach darum gehen, diesen öffentlichen Raum und die Mobilität «neu» zu denken.
Es gibt also entscheidende Veränderungen. Was sind deshalb die Herausforderungen für die Städte?
Die Städte wollen die zunehmenden Bedürfnisse der Bevölkerung und der Besuchenden an den öffentlichen Raum und die Mobilität bewältigen. Es gilt Gastro-, Detailhandels- sowie Markt- und Eventbedürfnisse mit den Raumbedürfnissen des ÖV, des MIV und des Fuss- und Veloverkehrs abzustimmen; gleichzeitig soll die Aufenthaltsqualität im öffentlichen Raum erhöht werden, bei einer weiterhin gewährleisteten Sicherheit.
Wie reagiert Aarau spezifisch darauf?
Mit einer Vielzahl von hoffentlich gut aufeinander abgestimmten Projekten: Einerseits sind wir am Aufbau eines lückenlosen Velonetzes, das, wenn möglich, getrennt vom Fussverkehr funktionieren soll, bspw. bei der neuen Kettenbrücke. Parallel dazu sind wir im Zentrumsbereich – etwa beim Bahnhof, um die Markthalle oder am Graben – an gezielten Aufwertungen des öffentlichen Raums, mit neuen Sitzgelegenheiten, Begrünungen und Aufbrüchen oder z.B. mit Spielgeräten für Kinder. Und schliesslich unterstützen wir mit Mobilitätsprojekten wie MONAMO neue Mobilitätsformen für unsere Bevölkerung und die lokale Wirtschaft, indem wir Bike- und Carsharingmodelle anbieten. Parallel dazu suchen wir nach Wegen, den Bus aus der Altstadt zu bringen und das Zentrum trotzdem gut zu erschliessen.
Gibt es Bereiche, wo umgekehrt Aarau etwas lernen kann?
Wir sind in Aarau natürlich interessiert daran zu erfahren, zu welchen Erkenntnissen andere Städte mit der Nutzungsvielfalt im öffentlichen Raum gelangen. Der Städtetag ist eine ideale Plattform, um diese Erfahrungen auszutauschen. Ergänzende Fragen, die uns gegenwärtig umtreiben sind etwa, inwiefern partizipative Prozesse diese Entwicklungen positiv beeinflussen, wie wir die Sicherheitsaspekte adäquat aufnehmen können oder wie wir den ÖV aus der Fussgängerzone herausbringen und trotzdem eine gute Erschliessung insbesondere der Altstadt sicherstellen können.
Wie sehen Sie Ihre Stadt Aarau in 10 Jahren?
Für mich ist Aarau in 10 Jahren eine optimal erschlossene Stadt, in der alle Verkehrsteilnehmenden beste Infrastrukturen vorfinden. Das Stadtzentrum verfügt über hochwertig gestaltete öffentliche Räume, mit viel grün, urbanem Lebensgefühl und einem vielfältigen Gastro-, Detailhandels-, Event- und Aufenthaltsangebot. Heutige Testbetriebe haben sich bewährt und sind verstetigt, etwa an der Bahnhofstrasse und an der Vorderen Vorstadt. Und nirgends gibt es bezüglich Sicherheit «Hot Spots» oder Littering-Probleme:).
Dr. Hanspeter Hilfiker (FDP), Stadtpräsident von Aarau Dr. Hanspeter Hilfiker (FDP) wurde 2017 zum Stadtpräsidenten von Aarau gewählt. Zwischen 2014 und 2017 leitete er als Teil der Stadtregierung das Ressort Kultur und Sport. Zuvor sass er während 10 Jahren im Stadtparlament (Einwohnerrat Aarau). Hanspeter Hilfiker studierte Betriebswirtschaft in St. Gallen und machte einen Abschluss als Dr. oec. HSG. Er arbeitete bei diversen Rückversicherungen auf Leitungsebene. |