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«Wir waren in der Lage, schnell zu reagieren»

8. September 2023 – Interview mit Mélanie Wyss, Stadtpräsidentin von Morges und Vorstandsmitglied des Städteverbandes.

Sie sind seit knapp über einem Jahr Vorstandsmitglied des Städteverbandes. Wie lautet Ihre erste Bilanz?

Für eine kleine Stadt wie Morges stellt es eine grosse Bereicherung dar, dem Vorstand des SSV anzugehören. Unabhängig von ihrer Grösse, ihrem Umfeld oder ihrer Sprache stelle ich fest, dass die Schweizer Städte gemeinsame Anliegen haben. Der SSV bietet ihnen durch seine Studien, Publikationen und Veranstaltungen fundiertes Wissen und wertvolle Ressourcen. Ich möchte die Gelegenheit dazu nutzen, die Professionalität des SSV-Teams zu würdigen und meinen Kolleginnen und Kollegen im Vorstand für die ausgezeichnete Zusammenarbeit zu danken.

 

Im Juli 2021, inmitten einer krisenbehafteten Zeit, haben Sie Ihr Amt als neue Stadtpräsidentin von Morges angetreten. Das mag nicht einfach gewesen sein?

Der Beginn der Legislaturperiode erfolgte in der Tat in einem besonderen Kontext. Wie alle Unternehmen und Organisationen mussten wir uns anpassen und unsere Prioritären neu setzen. Wir haben dies so gut wie möglich gemacht! Die Bewältigung dieser sukzessiven Krisensituationen erforderte die Bereitstellung umfangreicher Ressourcen. 

 

Wie gut war die Stadt Morges auf eine derartige Krise vorbereitet ? Verfügt sie über ein Krisenkonzept?

Die Stadt Morges hat 2015 ein Krisenmanagement auf die Beine gestellt und mehrere Übungen in Zusammenarbeit mit dem Zivilschutz, der Feuerwehr und der Regionalpolizei durchgeführt. Diese praktischen Übungen vor der COVID-19-Krise haben uns gute Dienste erwiesen. Bei Ausbruch der Krise haben wir eine «Task Force» aktiviert, die aus Mitgliedern der diversen Verwaltungsstellen besteht. Dadurch waren wir in der Lage, schnell zu reagieren und uns auf wirksame Bezugspunkte zu stützen. Trotzdem kann man nicht behaupten - und ich mache keinen Hehl daraus -, wir seien auf eine solche Krise vorbereitet gewesen. Hauptsache ist, dass wir weitergearbeitet sowie die dringendsten und wichtigsten Aufgaben im Dienste unserer Bevölkerung erfüllt haben.

 

Welche Erkenntnisse haben Sie aus den jüngsten Krisen wie der COVID-19-Pandemie, dem Ukrainekrieg oder der Energiemangellage gezogen?

Diese Ereignisse wirken destabilisierend und wir haben keinen Einfluss darauf. Es ist eine Realität, die für die Bevölkerung schwer zu ertragen ist und die in unseren Gemeinschaften sowohl das Schlimmste wie auch das Beste hervorbringen kann. Ich habe mitunter wunderbare Solidaritätsbekundungen beobachtet, leider aber auch Notsituationen und destruktives Verhalten. Es sind Momente, in denen unsere wechselseitigen Beziehungen auf eine harte Probe gestellt werden, man sieht eine Polarisierung der Meinungen aufkommen, die durch die sozialen Medien noch verstärkt wird. In solchen Krisensituationen wächst auch das Misstrauen gegenüber den Behörden und die Bevölkerung stellt die getroffenen Entscheidungen leichter in Frage. Die Kommunikation mit der Bevölkerung spielt eine entscheidende Rolle, wenn es darum geht, über die Herausforderungen zu informieren und eine bessere Akzeptanz zu erwirken. Letztendlich müssen wir sicherstellen, dass wir in der Lage sind, die konkreten und lokalen Auswirkungen dieser Ereignisse zu antizipieren. 

 

Wie wappnet sich die Stadt Morges für neue Krisensituationen?

Die jüngsten Erfahrungen haben wir genutzt, um unsere Konzepte für das Krisenmanagement zu optimieren und Verbesserungspotenzial zu identifizieren. Wir führen weiterhin Schulungen und praktische Übungen durch, um das Gemeindepersonal zu befähigen, effizient zu reagieren. Bei Bedarf sind wir bereit, eine spezielle Task Force zu aktivieren.

 

Sind Sie der Meinung, dass der Bund die Bedürfnisse der Städte im Rahmen seines eigenen Krisenmanagements genügend berücksichtigt? Sehen Sie Verbesserungspotenzial?

Bei der Krisenbewältigung kommt den Städten eine entscheidende Rolle zu. Denn wie die COVID-19-Krise gezeigt hat, ist der Faktor Nähe entscheidend für die Umsetzung von Massnahmen und Lösungen sowie für deren Akzeptanz. Deshalb halte ich es für unerlässlich, dass die Städte bei Vernehmlassungen besser vertreten und stärker in die Entscheidungsprozesse des Bundes einbezogen werden. In diesem Sinne würde eine direkte Kommunikation zwischen den drei Staatsebenen in Situationen, die oft eine hohe Reaktivität erfordern, einen wertvollen Zeitgewinn bringen.

 

Mélanie Wyss ist seit dem 1. Juli 2021 Stadtpräsidentin von Morges.  Sie ist Mitglied der FDP, ausgebildete Pflegefachfrau Psychiatrie und hat ein Diplom für öffentliche Verwaltung von der Uni Lausanne. Mélanie Wyss wurde am Städtetag 2022 in den Vorstand des Schweizerischen Städteverbandes gewählt.  
 
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