CO2-Gesetz: Städte für ambitionierte Klimapolitik
Michael Felber, Leiter Wirtschaftspolitik beim SSV
Nach dem Willen des Ständerates und des Bundesrates sollen im Rahmen des CO2-Gesetzes die Treibhausgas-Reduktionsziele bis 2030 zu rund zwei Dritteln im Inland erreicht werden. Der Städteverband fordert hingegen eine ehrgeizigere Klimapolitik mit einem Anteil von 75 Prozent im Inland. Ein ambitioniertes Inlandziel schafft Planungssicherheit und stärkt mittelfristig den Innovations- und Wirtschaftsstandort Schweiz. Ein grösserer Anteil der Inlandreduktion gewährt dem Bundesrat zudem weiterhin die notwendige Flexibilität, um auf unvorhersehbare Entwicklungen reagieren zu können.
Stärkung Gebäudeprogramm: Erneuerung Gebäudepark und Ausbau thermische Netze
Um die gesetzten Klimaziele zu erreichen, ist eine rasche Dekarbonisierung des Wärmebereichs unerlässlich. Der Ersatz fossiler Heizsysteme durch erneuerbare Lösungen sowie die energetische Sanierung von Gebäuden müssen beschleunigt werden. Gemäss Gebäude- und Wohnungsstatistik 2022 heizen weiterhin zwei Drittel der Haushalte mit fossilen Energieträgern (40% Heizöl, 25% Gas). Dabei spielt das Gebäudeprogramm von Bund und Kantonen, das zu einem Teil aus der CO2-Abgabe finanziert wird, eine wesentliche Rolle. Insbesondere in den Städten besteht noch ein grosses Potenzial bei der Erneuerung des Gebäudeparks, weshalb die Städte auch Förderinstrumente implementiert haben, welche das Gebäudeprogramm von Bund und Kantonen ergänzen.
Dank dem schrittweisen Rückgang des Verbrauchs von Heizöl und Erdgas für die Beheizung von Gebäuden, sinken auch die Einnahmen aus der CO2-Abgabe kontinuierlich. Das Gebäudeprogramm von Bund und Kantonen wird aber zu einem Teil aus dieser Abgabe finanziert. Da eine Erhöhung der CO2-Abgabe politisch nicht mehrheitsfähig scheint, unterstützt der Städteverband den Vorschlag des Bundesrates, die Teilzweckbindung der CO2-Abgabe von heute 33 % auf maximal 49 % anzuheben. Nur so kann die Finanzierung des Gebäudeprogramms mittelfristig sichergestellt werden.
In dicht bebauten Siedlungsgebieten sind thermische Netze wesentlich für die Dekarbonisierung des Gebäudebestands. Der Anschluss daran ist unter anderem aus Platz- und Lärm-Gründen oft die einzige Alternative zu fossilen Heizungen. Thermische Netze ermöglichen zudem eine sinnvolle Nutzung erneuerbarer Energien (z.B. natürliche Wärme von See- und Flusswasser) und Abwärme (z.B. aus Anlagen der Kehrichtverbrennung). Aufgrund hoher Anfangsinvestitionen, langen Amortisationszeiten und dementsprechend hohen finanziellen Risiken ist die vom Bundesrat und vom Ständerat vorgesehene Risikoabsicherung aus dem Technologiefonds nicht ausreichend. Um den Neu- und Ausbau thermischer Netze zu beschleunigen, ist es unerlässlich, die Finanzierung des dafür notwendigen Kapitals zu vergünstigen. Zinsgünstige Darlehen an Städte, Gemeinden und private Akteure, die für die Planung und den Bau thermischer Netze verantwortlich sind, resp. Bürgschaften durch den Bund sind deshalb im Gesetz zu verankern.
Sinnvolle Förderung von elektrischen Antriebstechnologien
In der Schweiz werden heute noch rund 5'000 Dieselbusse und 140 dieselbetriebene Schiffe im öffentlichen Verkehr eingesetzt. Der Städteverband begrüsst daher die vom Bundesrat vorgesehene und vom Ständerat bestätigte Förderung von elektrischen Antriebstechnologien. Diese Technologien beschleunigen die Umstellung des öffentlichen Verkehrs auf Busse mit fossilfreiem Elektro- oder Wasserstoffantrieb .Eine sofortige Umstellung ist aber in gewissen Fällen aus technischen Gründen jedoch nicht möglich. Eine zu rasche Streichung der Befreiung von der Mineralölsteuer wäre kontraproduktiv, da die betroffenen Transportunternehmen zu Einsparungen gezwungen würden, auf Investitionen verzichten oder die Tarife erhöhen müssten. Aus diesem Grund schlägt der Städteverband eine schrittweise Aufhebung der Befreiung bis 2030 vor.
CO2-neutrale Energieversorgung ist zentral
Die Städte sind überzeugt, dass es bis 2050 möglich sein wird, einerseits die inländische Energieversorgung zu garantieren und andererseits das Netto-Null-Ziel zu erreichen. Beide Ziele sind eng miteinander verknüpft. Der Mantelerlass (das Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien), welcher in der Herbstsession vom Bundesparlament verabschiedet worden ist, stellt einen wichtigen Meilenstein zur Stärkung der Energieversorgung dar. Die benötigten Anlagen zur Produktion erneuerbarer Energien müssen aber rasch realisiert werden, weshalb ein Monitoring der beschlossenen Massnahmen nötig ist. Für die Erreichung der Klimaziele ist wiederum das CO2-Gesetz unerlässlich. Auch wenn die Vorlage nicht überladen werden soll, damit sie mehrheitsfähig bleibt, ist es dennoch wichtig, ehrgeizige Ziele und griffige Massnahmen zu beschliessen. Dazu gehört unter anderem eine geeignete Förderung der thermischen Netze.
Klimawandel in den Städten
Die Schweizer Städte sind zugleich Antreiber und Betroffene des Klimawandels. Aufgrund der Konzentration von Bevölkerung und Unternehmen in den urbanen Räumen verbrauchen sie einerseits grosse Mengen an Energie und Ressourcen und verursachen einen signifikanten Anteil an Treibhausgasemissionen. Andererseits sind in den Städten die Folgen der zunehmenden Hitzewellen aufgrund der weitgehenden Flächenversiegelung, der begrenzten Grünflächen und der eingeschränkten Windzirkulation besonders ausgeprägt. Wegen der hohen Bevölkerungsdichte und der konzentrierten Wirtschaftsaktivitäten sind die Städte gegenüber Extremereignissen wie Starkregen oder Hochwasser besonders empfindlich.
Die Städte nehmen ihre Verantwortung wahr: Sie haben ambitionierte Klimastrategien definiert und setzen zahlreiche Initiativen und Massnahmen zur Reduktion der CO2-Emissionen um. Die städtischen Gemeinden brauchen aber auch einen geeigneten gesetzlichen Rahmen auf Bundesebene, der ihnen Planungs- und Finanzsicherheit gibt und sie dadurch in ihren klimapolitischen Bestrebungen unterstützt. Das CO2-Gesetz ist das zentrale Gesetz, über welches die Ziele der Schweizer Klimapolitik in den kommenden Jahren erreicht werden sollen.