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Museum, öffne dich!

«Teilhabe», «Partizipation», «Inklusion»: die Frage, wer mit welchen Möglichkeiten und Rechten ausgestattet ist, um am politischen und kulturellen Leben teilzuhaben, ist seit einigen Jahren ins Zentrum von Diskussionen um städtische Kulturpolitik und urbanes Zusammenleben gerückt. Der Blick auf die Museumslandschaft verdeutlicht dies: Museen als traditionelle Bildungsinstitutionen sind zunehmend zu Austragungsstätten für die Frage geworden, wessen Geschichten sie repräsentieren und welche nicht vorkommen und wie sie inklusivere Orte für die ganze Stadtgesellschaft sein können.

Besonders Stadtmuseen sind für diese Fragen ein prominenter Verhandlungsort. Um als Museen von und für die Stadt relevant zu bleiben oder zu werden, stellen sich viele dieser Häuser die grundlegende Frage, wie sie der Diversität der Stadtgesellschaft besser Rechnung tragen können. Ein besonders gutes Beispiel ist das Stadtmuseum Aarau: Nach seinem Umbau und der Wiedereröffnung 2015 zeigt es nicht mehr «die» Aarauer Geschichte. Vielmehr reflektiert es in seinen Ausstellungen und Programmen, welche Perspektiven und Erfahrungen in den bisherigen Erzählungen fehlen. Das Ziel ist, eine grössere Vielfalt von Lebensgeschichten von Menschen zu repräsentieren, die in Aarau leben und gelebt haben. Dabei sind Teilhabe und Mitwirkung das neue Leitmotiv: verstanden nicht als blosses «Mitmachen», bei dem die Bedingungen des Teilnehmens von vornherein gesetzt und die inhaltlichen Leitlinien vorbestimmt sind; sondern verstanden als ein wechselseitiger Prozess zwischen Museum und (Stadt-) Bevölkerung, in dem auch aktuelle Themen und die gemeinsame Zukunft zur Diskussion stehen.

 

Museen können in dieser Weise soziale Räume schaffen, in denen gesellschaftliche Fragen um Zugehörigkeit und Teilhabe reflektierbar sowie verhandelbar werden. Es geht nicht lediglich um die Erweiterung der bisher erzählten (Stadt-)Geschichten, sondern um neue, inklusivere Erzählungen. Durch das Zusammenkommen unterschiedlicher Perspektiven entstehen in dieser Weise neue Narrative und künstlerische Formen, die das kulturelle Angebot einer Stadt auf aktuelle und relevante Weise erweitern. Und die Fragen aufwerfen, die es im Grossen auszuhandeln gilt mit dem Ziel eines inklusiven, von Vielen mitgestalteten Kulturlebens in der Stadt – bei dem die Unterschiede als Normalität gelten und es darum geht, von der sozialen Diversität her zu denken und zu gestalten.

 

 

Friedrich von Bose

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