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Neuer Puls im Quartier

Das neue Jahrtausend brachte mit neuen Formen des Arbeitens auch einen neuen Alltagsrhythmus, neue Spielarten des Zusammenlebens und neue Wünsche an städtisches Wohnen mit sich. Durch die Deindustrialisierung, die in den 1970ern einsetzte, wurden zunehmend neue Flächen frei. Die Neubewertung von Natur sieht diese nicht mehr als Gegensatz, sondern als Teil der Stadt: Grosszügigeres Wohnen in der Stadt mit nahgelegenen Freizeitangeboten im Grünen ist für immer mehr Menschen erstrebenswert; die Menschen drängt es «zurück in die Städte», die sich dadurch stark verändern.

Bereits die Wende zum 20. Jahrhundert hatte immer lauter werdende Kritik an der städtischen Wohnsituation mit sich gebracht. Gefordert wurden mehr Licht, mehr Luft und mehr Raum für die Menschen. Enge und unhygienische Verhältnisse sollten beseitigt und für alle attraktiver Wohnraum geschaffen werden. Genossenschaftlicher Wohnungsbau und später die Einfamilienhäuser in der noch ländlichen Agglomeration sollten Abhilfe schaffen. Insgesamt war Abwanderung aus den Städten die Folge. Um 1960 wurden die Hälfte aller Wohnungen in Basel und Genf im Umland gebaut; in Zürich verschob sich nahezu die gesamte Bautätigkeit in die Agglomeration.

Um dem Bevölkerungsschwund entgegenzuwirken, der mit abnehmenden Finanzressourcen für die Städte verbunden war, formulierte die urbane Raumpolitik in den 1990er Jahren neue Ziele: In Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Anspruchsgruppen wurden in neu entstehenden Quartieren Wohnraum für Jung und Alt, für Familien und Singles, für Studierende und Angestellte geplant. Durch das Angebot von nahe gelegenen Einkaufsmöglichkeiten, gute Verkehrsanbindung, Schulen und Naherholung sollten sie an Attraktivität gewinnen. Die Abwanderung aufs Land konnte der Tendenz nach gestoppt, die Wohnqualität vielerorts gesteigert werden.

 

Ein Beispiel für diesen Veränderungsprozess ist das Erlenmattquartier in Basel. Ab 1996 befand sich das ehemalige Bahn-Rangiergelände in der Planung zu einem neuen Ort, der dem veränderten Verhältnis von Arbeiten und Wohnen, von urban und ländlich gerecht werden sollte. In unterschiedlichen Zwischennutzungen wurde mit Wohn- und Lebensformen experimentiert. Im Jahr 2007 folgte – unter dem Lead des Kantons und von der Basler Stimmbevölkerung bestätigt – der Bau von über 700 Wohnungen für verschiedenste Ansprüche. Büro- und Gewerbeflächen, Kindergärten und Schulen, Naturbereiche, Gastroangebote und Einkaufsmöglichkeiten ergänzten die Wohnbauten und erhöhten die Attraktivität des Quartiers. Wichtig war den Planerinnen und Planern die Partizipation der Stadtbevölkerung, um das neue Quartier in das Stadtleben einzufügen und für belebten, aktiv genutzten Stadtraum zu sorgen. Wie die Erlenmatt zu einem lebenswerten Stück Basel wurde, ist eine Geschichte, die zeigt, wie Städte neue, attraktive Lebenswelten schaffen können. Zugleich bleibt das Ziel, leistbaren Wohnraum «für alle» zu schaffen, in einigen Städten vor allem angesichts hoher Mieten noch weit von der Verwirklichung entfernt.

 

 

Sabine Eggmann

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