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Starkes Wachstum und hohe Qualität schliessen sich nicht aus

30. Oktober 2024 – In den letzten 10 Jahren nahm die Bevölkerung der Stadt Meyrin überdurchschnittlich zu. Was sind die Chancen und Herausforderungen eines grossen Wachstums? Gemeinderat Laurent Tremblet im Gespräch.

In den letzten 10 Jahren erfuhr die Stadt Meyrin ein überdurchschnittliches Wachstum von fast 20%. Was sind die Gründe für diesen starken Zuwachs?

Der Kanton Genf mit seiner Kleinräumigkeit gehört zu den attraktivsten Kantonen der Schweiz. Seit 1999 herrscht im Kanton eine anhaltende Wohnungsknappheit, und trotz eines ehrgeizigen kantonalen Richtplans werden die Prognosen für die Umsetzung wichtiger Bauprojekte nicht erreicht.

Im Ökoviertel «Les Vergers», einem kommunalpolitischen, auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Projekt, haben sich zwischen 2016 und 2019 über 3000 Einwohner und Einwohnerinnen in 1350 Wohnungen, die auf 30 Wohnhäuser verteilt sind, niedergelassen. Diesem Projekt hat unsere Stadt den starken Bevölkerungszuwachs zu verdanken.

Zudem wurden mehrere Aufstockungsprojekte entwickelt, die von Privaten initiiert und geleitet wurden. Diese haben ebenfalls zur Bereitstellung von neuem Wohnraum beigetragen. Meyrin hat somit eine bedeutende Bevölkerungsentwicklung erlebt, parallel zu einem starken Wachstum unseres wirtschaftlichen Gefüges. Die damit verbundenen Herausforderungen gehen wir nun an.

 

Was waren die grössten Herausforderungen bei der Umsetzung des Ökoviertels «Les Vergers»? Mit welchen Auswirkungen auf die finanzielle Situation der Stadt?

Wir waren Eigentümer von über 47% der Grundstücke, die für den Bau des Viertels benötigt wurden. Dadurch war die Gemeinde in der Lage, die Steuerung des gesamten Projekts zu übernehmen und gewisse Bedingungen für die Umsetzung festzulegen. Die Grundstücke, die der Gemeinde gehörten und nicht für öffentliche Einrichtungen genutzt wurden, hat sie im Baurecht an Wohnbaugenossenschaften vergeben.

Die Gemeinde hat 26 Millionen Franken für private Infrastrukturen vorgeleistet, um einen reibungslosen Bau des Viertels zu ermöglichen. Weiter hat sie im Auftrag aller Eigentümer und Eigentümerinnen des Ökoviertels die Verantwortung für die bauliche Gestaltung der öffentlichen und privaten Aussenanlagen übernommen. Darüber hinaus leistete die Gemeinde Grundlagenarbeit hinsichtlich der Ermittlung und Inanspruchnahme von interkommunalen, kantonalen und staatlichen Subventionen. Damit konnten die Nettoinvestitionen reduziert werden. Somit hat sie ungefähr 76 Millionen Franken in öffentliche Einrichtungen wie Schulen, ausserschulische Betreuungseinrichtungen und Sportanlagen, Kinderkrippen sowie öffentliche Aussenanlagen investiert.

Was das Betriebsbudget der Stadt betrifft, konnten die Mehrkosten des Projekts schliesslich durch die Einnahmen im Zusammenhang mit dem Projekt und den neuen Bewohnern und Bewohnerinnen gedeckt werden. Davon ist man anfänglich nicht ausgegangen. Dank der erhaltenen Subventionen wurden die Nettokosten gesenkt, und somit auch die Abschreibungen sowie die Zinsen der notwendigen Darlehen.

 

Gemäss der KSFD-Studie ist das Angebot an erschwinglichem Wohnraum in fast allen Städten ein zentrales Thema. Mit welchen Mitteln geht die Stadt Meyrin gegen die Wohnungsknappheit und gegen teure Mieten vor?

Dank der Vergabe im Baurecht von Grundstücken des Ökoviertels an Genossenschaften und gestützt auf die Regeln der Genfer Entwicklungszone 5 konnten 33% des Wohnraums zu erschwinglichen Preisen zur Verfügung gestellt werden. Um bei der Bereitstellung des Angebots an preislich moderatem Wohnraum weiterhin neutral aber aktiv zu bleiben, hat Meyrin ausserdem vor längerer Zeit die Stiftung «Nouveau Meyrin» gegründet, die über 720 Mietwohnungen verwaltet.

 

Gemäss den demografischen Prognosen des Bundesamtes für Statistik dürfte sich die Schweizer Bevölkerung künftig vermehrt in den Einzugsgebieten der grossen Agglomerationen Zürich und Genf konzentrieren. Wie können Sie als Gemeindeexekutive auf das Bevölkerungswachstum Einfluss nehmen? Hat die Stadt Meyrin eine Wachstumsstrategie erstellt? Ist ein derart starkes Wachstum auch in Zukunft erwünscht?

Die Stadt Meyrin erstellt eine Prognose über die Zunahme der Bevölkerung, die sich auf die Daten des Statistischen Amtes des Kantons Genf OCSTAT sowie auf die aktuell erarbeiteten Quartierpläne (plans localisés de quartiers PLQ) stützt. Auf kantonaler Ebene sind wir bei der Entwicklung der PLQ in unserer Gemeinde stark involviert. Der für die nächsten 10 Jahre erwartete Zuwachs wird derzeit auf ungefähr 1700 Einwohnerinnen und Einwohner geschätzt. Diese Entwicklung integrieren wir in unseren Finanzplan. Da der Boden extrem begrenzt ist, hat unser Gemeinderat eine Resolution zur Förderung des vertikalen Wachstums über Aufstockungsbauten verabschiedet. Allerdings kommt es manchmal vor, dass die Bevölkerung mit unseren Vorschlägen nicht einig ist und sie ablehnt, wie dies 2019 in Cointrin der Fall war.

 

Welche grossen Herausforderungen im Zusammenhang mit dem starken Bevölkerungszuwachs erwarten die Stadt Meyrin? Und welche Chancen bietet dieser Zuwachs für die Stadt?

Die Gewährleistung einer kohärenten, nachhaltigen und finanziell tragbaren Entwicklung stellt die grösste Herausforderung dar. Die Chancen bestehen darin, unserer Bevölkerung eine städtische Entwicklung garantieren zu können, die ihren Erwartungen entspricht und gleichzeitig die Besonderheiten von Meyrin bewahrt. Der Richtplan unserer Gemeinde definiert ambitionierte Ziele für die nächsten 10 bis 15 Jahre. Er enthält Massnahmen zur Gestaltung des gesamten Gemeinderaums und ist für die Entscheidungen der kantonalen und kommunalen Behörden verbindlich. Die Gesundheit und das Wohlbefinden der Einwohner und Einwohnerinnen stehen dabei im Zentrum der Überlegungen zur kommunalen Entwicklung.

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