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Belastetes Kulturgut: Städte stehen ein für wirkungsvolle Kulturpolitik

09. Januar 2025 – Die Kulturbotschaft 2025–2028 stellt wichtige Weichen für die Schweiz – doch politisches Zögern gefährdet Fortschritte. Die Städte pochen auf Transparenz und eine zukunftsfähige Regelung beim Kulturgüter-transfergesetz.

Die Kulturbotschaft 2025–2028 bietet mit dem Kulturgütertransfergesetz die Chance, den verantwortungsvollen Umgang mit belastetem Kulturgut voranzutreiben. Die Forderung nach mehr Transparenz im Umgang mit potenziell belastetem Kulturgut im Zusammenhang mit dem Nationalsozialismus, aber auch mit dem Postkolonialismus ist Teil eines Bewusstseinswandelns, der überfällig ist.

 

Ein Kernpunkt der Debatte ist die gesetzliche Verankerung einer unabhängigen Kommission für historisch belastetes Kulturerbe. Die Städte unterstützen diesen Schritt mit Nachdruck, doch die Frage nach der Anrufbarkeit dieser Kommission ist umstritten. Während der Bundesrat, der Nationalrat und die Städte eine einseitige Anrufbarkeit befürworten, setzt der Ständerat auf ein zweiseitiges Modell, das das Einverständnis aller Parteien erfordert. Was nach einer Detailfrage klingt, hat weitreichende Konsequenzen: Die zweiseitige Anrufbarkeit würde die Arbeit der Kommission faktisch lahmlegen. Die Städte sähen darin ein falsches politisches Signal hinsichtlich Transparenz bei Kunst- und Kulturgütern, und appellieren an den Ständerat, von einer zweiseitigen Anrufbarkeit wegzukommen – im Sinne der Glaubwürdigkeit des Kulturstandorts Schweiz.

 

Museen sind heute verpflichtet, Provenienzforschung zu betreiben. Diese Arbeit ist aufwendig, aber notwendig. Die anvisierte, einseitig aufrufbare Kommission soll nicht bindende Empfehlungen abgeben können. Eine unabhängige Kommission für historisch belastetes Kulturerbe ermöglicht eine sachliche Dokumentation und unterstützt damit massgeblich die Provenienzforschung. Die Argumente gegen die einseitige Anrufbarkeit – etwa die Sorge, private Sammelnde zu verschrecken oder den Kunstmarkt zu regulieren – sind nicht stichhaltig. Gerade private Sammler und Akteurinnen des Kunstmarkts profitieren langfristig von klaren und transparenten Regeln. Es liegt im Interesse aller Beteiligten, und insbesondere auch der öffentlichen Hand, diese Herausforderungen zu lösen – nicht nur aus moralisch-ethischen, sondern auch aus wirtschaftlichen Gründen. Die Schweiz kann aus der Vergangenheit lernen: Der Fall des Bankgeheimnisses zeigt, wie wichtig konsequentes Handeln ist, um internationales Vertrauen und eine glaubwürdige Position zu wahren.

 

Entlastungspaket: Einsparungen auf Kosten der Kultur

Neben der Frage des Kulturgütertransfergesetzes wirft der finanzielle Umgang mit Kultur im Zusammenhang mit dem Entlastungspaket Fragen auf. Die geplanten Sparmassnahmen von insgesamt 22 Millionen Franken in den Jahren 2027 und 2030 bedrohen die Kultur in ihrer Vielfalt und Qualität. Besonders Museen, Sammlungen und Netzwerke Dritter, die bereits heute oft unterfinanziert sind, würden noch stärker unter Druck geraten. Dass zum Beispiel das Internationale Rotkreuz- und Rothalbmondmuseum in Genf künftig in Konkurrenz zu anderen Institutionen um Betriebsbeiträge im Bundesamt für Kultur kämpfen muss, verrät eine Politik, die die Bedeutung der Kultur unterschätzt. Die Städte warnen davor, hier zu sparen. Kulturförderung ist eine Aufgabe der öffentlichen Hand; Kultur ein gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Standortfaktor.

 

Weichen für die Zukunft stellen

Die Städte stehen ein für Kultur. Sie selbst übernehmen fast die Hälfte der öffentlichen Kulturförderung und sind die zentralen Orte des kulturellen Geschehens. Sie stehen deshalb ein für eine zeitgemässe und transparente Kulturpolitik und erwarten vom Bund dasselbe. Die Kulturbotschaft bietet die Möglichkeit, Weichen für eine glaubwürdige und zukunftsfähige Kulturpolitik zu stellen. Diese Chance darf nicht verspielt werden.

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