Raumkonzept Schweiz 2026: Wie sieht die Schweiz von morgen aus?
Es ist nunmehr dreizehn Jahre her, dass das Raumkonzept Schweiz erstmals als Meilenstein der Schweizer Raumentwicklung verabschiedet wurde. Doch unser Land hat sich weiterentwickelt. Eine Anpassung an die heutigen Herausforderungen ist daher notwendig. Es ist die Chance für Bund, Kantone, Städte und Gemeinden gemeinsam eine angemessene Orientierung für die zukünftige Raumentwicklung zu bilden. Die Städte begrüssen den Aktualisierungsprozess und die gelebte Zusammenarbeit mit den staatlichen Partnern.
Das Raumkonzept stützt sich auf die Vielfalt der Schweiz, macht sich für eine polyzentrische Raumentwicklung und die Zusammenarbeit über Grenzen hinweg stark. Zudem befasst es sich mit bisher zu wenig behandelten Themen wie Klima, Energie, Biodiversität, demografischem Wandel und Wirtschaft, was die Städte ausdrücklich begrüssen. Als Orientierungsrahmen und Entscheidungshilfe für die künftige Raumentwicklung der Schweiz ist eine angemessene Thematisierung und Gewichtung neuer Herausforderungen unabdingbar. Dazu gehören der Klimawandel, die Biodiversitätskrise und der Verlust fruchtbarer Böden, denn, sie gefährden die existenzielle Grundlage der Schweiz und ihrer ökonomischen Zukunft. Die Schweizer Städte setzten sich dafür ein, dass diesen Themen im Raumkonzept eine stärkere und flächendeckendere Rolle beigemessen wird. Insbesondere die Themen Klimaschutz und -anpassung sollten als die zentrale Herausforderung im ganzen Konzept sichtbar und präsent sein.
Die Schweizer Städte sind vom Klimawandel besonders stark betroffen, zum Beispiel durch die Bildung von Hitzeinseln im Sommer. Die Städte und ihre Bewohnerinnen und Bewohner haben deshalb ein besonderes Interesse, das Klima zu schützen, bzw. Strategien der Klimaadaption anzuwenden. Und sie spielen eine zentrale Rolle in der Bewältigung dieser Herausforderung: Denn drei Viertel der Schweizer Bevölkerung leben im urbanen Raum. Dabei muss auf die Grenzen der Widerstandsfähigkeit grosser Ballungsräume gegenüber dem Klimawandel Rücksicht genommen werden. Besonders viel Potenzial liegt in den zahlreichen mittelgrossen Städten der Schweiz (unter 50’000 Einwohnenden). Sie bieten ideale Voraussetzungen, um innovative Lösungen für Umweltprobleme wie Verkehrsbelastung, Hitzeinseln oder Ressourcenverbrauch umzusetzen. Dank ihrer überschaubaren Grösse bieten mittelgrosse Städte die Chance, grosse Ballungsräume zu entlasten und zugleich als flexible, anpassungsfähige Räume für eine klimaschützende und klimaresiliente Stadtentwicklung zu wirken. Wird dieses Potenzial im Sinne eines polyzentrischen Systems – wie es das Raumkonzept Schweiz vorsieht – durch gezielte Vernetzung und Kooperation gestärkt, können mittelgrosse Städte einen entscheidenden Beitrag zu einer klimaschützenden und klimaresilienten Zukunft der Schweiz leisten. Insbesondere im Bereich zukunftsfähiger Mobilität nehmen sie dabei eine zentrale Rolle ein: Sie ermöglichen kurze Wege, fördern den öffentlichen Verkehr und verknüpfen urbane und ländliche Räume effizient.
Das Konzept sieht vor, Mobilität und Energieversorgung effizient, umwelt- und klimaverträglich zu gestalten. Dennoch bleiben die Mobilitätsbedürfnisse der Bevölkerung hoch – und mit ihnen wächst auch die Verkehrsleistung, vor allem bedingt durch zunehmend längere Wege zwischen Arbeit, Wohnen und Freizeit. Ein breit verfügbares Verkehrsangebot und gut ausgebaute Infrastrukturen erleichtern zwar das Pendeln, führen aber auch zu steigender Umweltbelastung. Gerade vor diesem Hintergrund wird ein grundlegender Perspektivenwechsel notwendig. Der Raum in der Schweiz ist begrenzt. Das aktualisierte Raumkonzept Schweiz soll daher dazu beitragen, die nachfrageorientierte Verkehrsplanung durch eine bestmögliche Nutzung des vorhandenen Infrastruktur- und Raumangebotes abzulösen. Für die Städte steht dabei eine flächeneffiziente Mobilität im Zentrum: Der Umstieg auf klimafreundliche Verkehrsmittel wie Fuss- und Veloverkehr sowie den öffentlichen Verkehr ist gezielt zu fördern. Gleichzeitig braucht es zukunftsfähige Lösungen für den Wirtschaftsverkehr – etwa durch intelligente Citylogistik und intermodale Umschlagplätze. So könnte das Raumkonzept Schweiz nicht nur Orientierung geben, sondern dazu beitragen, eine flächeneffiziente Mobilität für Städte und Regionen zu fördern – und gleichzeitig die Lebensqualität der Bevölkerung langfristig zu sichern.
Das Raumkonzept Schweiz geht von einem Wachstum der Bevölkerung und der Wirtschaft aus. Damit dieses zukünftige Wachstum bewältig werden kann, ist eine nachhaltige Planung und Bewirtschaftung des Raums vorgesehen. Aus Sicht des Schweizerischen Städteverbandes bildet das gesamte Konzept eine Auseinandersetzung mit möglichen Alternativen zum Wachstum im Sinne der Suffizienz nicht ab. Aufgrund begrenzter Ressourcen und wachsender Nutzungsansprüche wird eine effizientere und effektivere Raumnutzung künftig an Bedeutung gewinnen. Eine Strategie der Suffizienz – also die Fokussierung auf die «Qualitäten des Genug» und der Umstand, dass nicht alles überall stattfinden kann – bringt dem Wachstumsparadigma eine gewisse Genügsamkeit entgegen und zielt auf eine ausgewogene und ressourcenschonende Entwicklung ab, statt auf unbegrenztes Wachstum. Eine an der Suffizienz orientierte Strategie bietet die Möglichkeit, den künftigen räumlichen Herausforderungen – wie jenen des Klimas, der Energie, der Biodiversität und des Wachstums – konkret entgegenzutreten, um eine effizientere und effektivere Raumplanung für die Regionen, Kantone, Städte und Gemeinden der Schweiz zu gewährleisten.
Die Schweizer Städte sind zuversichtlich, dass getragen von der bewährten tripartiten Kommunikation – ein überzeugendes Raumkonzept für die Schweiz entwickelt werden kann. Dabei wünscht sich der Schweizer Städteverband eine kritische Hinterfragung des Wachstumsparadigmas sowie einer stärkeren Berücksichtigung der Herausforderungen des Klimawandels in der gemeinsamen Überarbeitung.