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Werkplatz Stadt im Wandel: Neue Chancen nutzen, um krisenfest zu bleiben

16. August 2017 – Medikamente, Uhren, Maschinen, Möbel und heute auch Software, Games oder Webseiten – seit jeher wird in der Stadt produziert. Während die Kreativwirtschaft in vielen Städten boomt, gerät das Gewerbe weiter unter Druck, wie eine Studie im Auftrag des Schweizerischen Städteverbandes und der Stadt Zürich zeigt. Ein aktives Flächenmanagement, flexible Zoneneinteilungen oder administrative Erleichterungen sind mögliche Instrumente, um den Werkplatz in der Stadt zu stärken. Neue Chancen bringen digitale Vernetzung und Industrie 4.0.

Der städtische Werkplatz in der Schweiz hat wohl ebenso viele Facetten wie Städte: Während in der Stadt Zürich knapp 50‘000 Beschäftigte in der Kreativwirtschaft arbeiten, zieht Biel immer mehr Hightech-Unternehmen an. In Le Locle arbeitet über die Hälfte der Beschäftigten in der Hightech-Industrie, in Moutier oder Gossau SG dagegen rund ein Drittel in der gewerblich-industriellen Produktion. Und in Lugano bietet die Kreativwirtschaft mittlerweile am meisten Arbeitsplätze innerhalb des Werkplatzes.

Dies zeigt eine Studie des Forschungsbüros Infras zur Entwicklung und den Perspektiven des Werkplatzes Stadt im Auftrag des Schweizerischen Städteverbandes und der Stadt Zürich, die am Mittwoch in Bern vorgestellt wurde. Der Werkplatz ist in der Studie in drei Bereiche unterteilt: die gewerblich-industrielle Produktion, die Hightech-Industrie und die Kreativwirtschaft-Plus. Letztere ist relativ breit definiert und umfasst auch dienstleistungsbezogene Tätigkeiten wie Software- und Game-Design.


Verschiebungen innerhalb des Werkplatzes

In den Schweizer Städten arbeiten heute rund 700‘000 Beschäftigte auf dem Werkplatz – etwa gleich viele wie 1995. Weil die Gesamtbeschäftigung zunahm, sank der Anteil des städtischen Werkplatzes von 33% auf 27,5%. Zudem verlagerte sich das Gewicht von den grossen zu den kleineren Städten.

Auch bei den Werkplatz-Bereichen kam es in den Städten zu Verschiebungen. Mit knapp 45 Prozent arbeitet der grösste Teil der Beschäftigten zwar auch heute noch in der gewerblich-industriellen Produktion. In den grossen Städten verzeichnet das Gewerbe jedoch einen beträchtlichen Beschäftigungsrückgang. In der Hightech-Industrie blieb die Entwicklung stabil. Bedeutendster Schweizer Hightech-Standort ist Basel mit rund 21‘000 Beschäftigten. Ein starkes Wachstum verzeichneten hier Städte wie Plan-les-Ouates GE und Nyon VD. Die Kreativwirtschaft erlebte einen Boom und entwickelte sich in grossen Städten zur eigentlichen neuen Industrie, insbesondere in der Stadt Zürich.


Städte mit breiter Branchenvielfalt sind krisenresistenter

«Die Städte haben ein grosses Interesse daran, den Werkplatz in der Stadt zu halten», sagt Théo Huguenin-Elie, Stadtpräsident von La Chaux-de-Fonds. Denn: Vielfältige und durchmischte Städte machen eine Stadt nicht nur lebendig, sondern dank der breiten Branchenvielfalt auch krisenfest. Gemäss Studie bestehen für Hightech-Unternehmen und die Kreativwirtschaft gute bis sehr gute Aussichten, sich in den Städten zu behaupten. Auch einzelne Gewerbezweige, vor allem Unterhalts- und Reparaturbetriebe, werden sich weiter in den Städten halten können. Aufgrund der zunehmenden Konkurrenz um Flächen dürfte die gewerblich-industrielle Produktion insgesamt künftig aber noch stärker ins Umland abgedrängt werden. Vor diesem Hintergrund sind die Städte gefordert.

 


Unterstützung für Start-ups und flexible Zonennutzungen

«Die Studie zeigt, wo wir ansetzen müssen, um das Gewerbe und die Hightech-Unternehmen zu halten», sagt Corine Mauch, Stadtpräsidentin von Zürich. Zum Beispiel beim Flächenmanagement können gemäss Studie Start-ups durch vorübergehend vereinfachte Regulierungen oder provisorisch zur Verfügung gestellte Räumlichkeiten in der Anfangszeit unterstützt werden. Anstatt des herkömmlichen Zonenschutzes bringen Vorgaben zur Nutzung einzelner Stockwerke neue Flexibilität. Und durch Mischnutzungsmodelle könnten gewissermassen ganze Kleinstädte innerhalb einer Stadt entstehen.

Potenzial sieht die Studie auch bei der Erleichterung von Verwaltungsprozessen, etwa bei Baubewilligungen. Kleineren Städten wird empfohlen, sich als Standorte für Unternehmen anzubieten, welche die Flächenkosten in grossen Städten nicht mehr tragen können.


Standortvorteile pflegen und Chancen nutzen

Die Städte sind für den Werkplatz auch weiterhin attraktiv, dank Standortqualitäten wie der hohen Lebensqualität, dem öffentlichen Verkehr, der Nähe zu Hochschulen, dem kreativen Umfeld oder der Kundennähe. Dazu gilt es Sorge zu tragen – etwa bei den Arbeitskräften: «Die Studie zeigt klar und deutlich, dass für die Entwicklung des Werkplatzes der Zugang zu qualifizierten Fachkräften absolut zentral ist», betont Kurt Fluri, Präsident des Städteverbandes und Stadtpräsident von Solothurn.

Die Zukunft bietet dem städtischen Werkplatz auch Chancen, insbesondere mit der Digitalisierung: Dienstleistungsbezogene Tätigkeiten wie Forschung und Entwicklung, Design oder IT werden auf dem Werkplatz weiter zunehmen. Damit sinken die Emissionen in der Produktion, was ein Nebeneinander von Wohnen und Arbeiten begünstigen dürfte. Durch die digitale Vernetzung entstehen neue Geschäftsmodelle, die in den Städten gute Voraussetzungen vorfinden, etwa in der Sharing Economy. Und die Automatisierung der Produktionsprozesse im Zuge der Industrie 4.0 sowie neue Technologien wie 3-D-Drucker könnten die Produktion vor Ort wieder vergünstigen.

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