Herbstseminar Netzwerk Lebendige Quartiere: «Freiräume im Quartier gestalten»
Als Einstieg in das Seminar präsentierte das Bundesamt für Raumentwicklung ARE, was der Bund unter hochwertigen Freiräumen versteht und wie solche geschaffen werden können. Kurz zusammengefasst: Sie sind vielfältig, bedürfnisgerecht, flexibel nutzbar und gut zugänglich, wie die Erfahrungen aus den Modellvorhaben nachhaltige Raumentwicklung zeigen (siehe auch die Publikation «Freiraumentwicklung in Agglomerationen fördern»). Entstehen können hochwertige Freiräume demnach, wenn Potenziale und Bedürfnisse bekannt sind, sich die Nutzergruppen einbringen und Konflikte angegangen werden können. Wichtig ist zudem die Zusammenarbeit von öffentlichen, privaten und zivilgesellschaftlichen Akteuren sowie die frühzeitige Berücksichtigung der Freiraumthematik in der Planung. Potential für die Freiraumentwicklung gibt es viel, auch bei bereits bestehenden Freiräumen.
Im Anschluss hörten die Teilnehmenden aus der Quartierentwicklung anhand von fünf Praxisbeispielen, wie Freiräume entwickelt und gestaltet werden können.
Zürich: Umnutzung der Strassen
Grosses Potential, als Freiräume genutzt zu werden, haben Strassenräume, die oft direkt vor unserer Tür liegen. Mit dem Projekt «Brings uf d'Strass!» gestaltete Zürich mehrere Strassen so um, dass die Bevölkerung «ihre» Strasse während der Sommerferien 2021 vielfältig nutzen und erleben konnte. Impressionen finden Sie in diesem Video.
Zofingen gestaltet die Stasse neu
Strassenräume werden auch in Kleinstädten neu gestaltet. Zofingen lancierte das Quartierentwicklungsprojekt «Mer gstaute öisi Stross!». Die Quartierstrasse soll nach den Bedürfnissen der Anwohnerinnen und Anwohner neu gestaltet werden, indem sie sich von einem Verkehrsraum in einen mehrfach nutzbaren, grüneren öffentlichen Raum verwandelt.
Malley: Belebter Ort in der Agglomeration
Auch in grösseren Arealentwicklungen spielt der Freiraum eine zentrale Rolle. Die Fabrique de Malley ist ein weitläufiges Areal im Herzen des Agglomerationsgebiets von Lausanne und wird für die nächsten Jahre in einen belebten, öffentlichen Ort umgewandelt, der einen Gegenpol zu den umliegenden Grossbaustellen bildet. Die künftigen Quartiere werden verdichtet gebaut. Die Freiräume sollen grosszügig angelegt sein und den Nachhaltigkeitszielen des Standorts entsprechen. Eines der Hauptziele der provisorischen Nutzung ist es, dem Quartierleben ein Vorgeschmack zu geben, bevor die ersten ZuzügerInnen ihre Wohnungen beziehen.
Mehr Biodiversität
Das Projekt «Siedlungsnatur gemeinsam gestalten» hat das Ziel, mehr, naturnahe und vernetzte Grünräume im Siedlungsraum zu schaffen und gleichzeitig den Menschen eine verbesserte Lebensqualität zu bieten. Die Biodiversität und der ökologische Wert von grünen Freiräumen sind zentrale Faktoren hochwertiger Freiräume. Sie soll selbstverständlich mitgedacht und von allen Akteuren im Entwicklungsprozess mitentschieden werden: vom Investieren und Planen bis hin zum Bauen und dem Unterhalt. In schweizweit fünf Pilotprojekten werden konkrete Aussenraumgestaltungsprojekte umgesetzt, gemeinsame Lösungen in verschiedenen Siedlungstypen entwickelt.
Kinder mitdenken
Kinder müssen bei der Gestaltung von öffentlichen Freiräumen einbezogen werden. Von kinderfreundlichen Lebensräumen mit Grünflächen, Rückzugs- und Erholungsorten, kurzen Wegen, beruhigtem Verkehr, niederschwelligen Zugängen und Gestaltungsspielräumen profitieren aber alle Generationen. Verkehrsberuhigte Strassen sind sicherer für alle. Eine grüne Stadt mit naturnah gestalteten Bereichen sorgt darüber hinaus für angenehmere Temperaturen in den Wohngebieten und wirkt sich positiv auf die Biodiversität in der Stadt aus. Können sich Menschen jeden Alters zwanglos im öffentlichen Raum begegnen, wächst das gegenseitige Verständnis und Vertrauen; ein soziales, kreatives Miteinander kann entstehen. UNICEF Schweiz und Liechtenstein hat ein nützliches Handbuch für die Planung und Entwicklung von kinderfreundlichen Lebensräumen mit spannenden Fallbeispielen entwickelt, das am Herbstseminar vorgestellt wurde. Besonders nützlich sind auch die Kriterien für eine erfolgreiche Partizipation von Kindern in diesen Prozessen. Das Fazit: Was für Kinder gilt, gilt auch für Erwachsene. Dies ist für alle involvierte Personen ein Mehrwert.