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«Verbesserte Bilanz dank der neuen Regelung»

15 Dezember 2021 – Interview mit Mathias Buschbeck, Stadtpräsident von Vernier GE.

Seit dem 1. Januar 2021 gilt die neue Praxis für die öffentliche Beschaffung. Neben wirtschaftlichen müssen neu auch qualitative und nachhaltige Kriterien berücksichtigt werden. Was bedeutet dies für Vernier grundsätzlich? 

Die neue Regelung könnte schon als zusätzliche Hürde empfunden werden, da wir zwangsläufig mehr Zeit für die Vorbereitung der öffentlichen Ausschreibungen aufwenden und deutlich komplexere Bewertungskriterien anwenden müssen. Auch künftig wird es nach wie vor auch um die Kosten gehen, aber wir müssen diese nunmehr im Gesamtkontext und mit Blick auf die Umweltverträglichkeit bewerten.

 

Daher sehe ich diese Praxis als echte Chance. Als Stadtverwaltung haben wir die Aufgabe, die öffentlichen Gelder so optimal wie möglich einzusetzen. Das Instrument der öffentlichen Ausschreibungen hilft uns dabei, da es privaten Unternehmen einen transparenten Zugang zu den Aufträgen der Stadt Vernier eröffnet und uns die Möglichkeit gibt, das wirtschaftlich günstigste Angebot auszuwählen.

 

Die Einführung des revidierten Gesetzes über das öffentliche Beschaffungswesen, das den Fokus auf Qualität und Nachhaltigkeitskriterien richtet, ist meiner Ansicht nach eine sinnvolle Unterstützung bei unseren Bemühungen, für eine ethische, effiziente und sparsame Verwaltung zu sorgen. Dieser Grundsatz ist auch im Legislaturprogramm 2020-2025 unserer Stadtregierung verankert, das unter anderem den Kampf gegen die globale Erwärmung und die Reduzierung von Abfall beinhaltet.

 

Können Sie anhand eines Beispiels erläutern, was sich im Beschaffungswesen für Ihre Stadt genau ändert? 

Angesichts der Komplexität der Projekte, die wir durchzuführen haben, erhalten bestimmte Aspekte, wie z. B. Fristen und unterschiedliche Ausführungsmöglichkeiten, eine grössere Bedeutung als der Preis. Wenn wir offen für Optimierungen sind und diese in die Bewertung einbeziehen, haben wir einen erheblichen Spielraum für Verbesserungen, die mehr Nachhaltigkeit bieten als das Kriterium des niedrigsten Preises. In der Praxis führt dieses Prinzip dazu, dass wir in manchen Fällen nicht das kostengünstigste Angebot auswählen, sondern stattdessen eine alternative und innovative Lösung.

 

Ein Grund für die neue Regelung war eine schweizweite Harmonisierung des Beschaffungswesens. Finden Sie dies einen richtigen Ansatz?

Ja, der Ansatz erscheint mir sinnvoll. Damit sitzen alle Kantone im gleichen Boot, auch wenn im Bauwesen die Leistungen (einschliesslich Kundendienst) hauptsächlich lokal erbracht werden.

 

Wie garantiert bzw. überprüft Vernier, dass die neuen Vorgaben zur Qualität und Nachhaltigkeit bei den neuen Beschaffungen eingehalten werden?

Wie im öffentlichen Beschaffungswesen häufig betont wird, ist eine gut vorbereitete Ausschreibung die beste Garantie für ein erfolgreiches Verfahren. Wir bemühen uns daher, uns die Zeit zu nehmen, um alle Fragen im Vorfeld einer Ausschreibung zu klären und dabei immer den Bedarf im Blick zu behalten, den wir befriedigen müssen. Dazu gehören die erwarteten Leistungen, die Frage nach den Möglichkeiten der Unternehmen sich zu beteiligen, die Bewertungskriterien, das geschätzte Auftragsvolumen, der beabsichtigte Zeitplan etc.

 

Ändert sich für Sie damit etwas auf politischer Ebene? 

Da ich mich seit Langem für die nachhaltige Entwicklung einsetze, bin ich versucht zu sagen, dass die neuen Vorschriften nichts an meinen politischen Zielen ändern; sie sind jedoch ein effizientes Mittel, um diese Ziele zu verwirklichen.

 

Was denken Sie: Inwiefern wird die neue Praxis Vernier in den nächsten Jahren beeinflussen?

Die neue Praxis dürfte uns hoffentlich dabei helfen, unsere Bilanzen in punkto Nachhaltigkeit und Qualität zu verbessern, sei es durch verantwortungsbewusste Beschaffung, effiziente Ressourcennutzung oder die Bekämpfung des Klimawandels.

 

Mathias Buschbeck, von Beruf Geograph, wurde im Frühjahr 2020 in die Stadtregierung von Vernier gewählt, wo er dieses Jahr Gemeindepräsident ist. Zuvor war er Mitglied im Stadtrat und im Grossen Rat des Kantons Genf, wo er das Amt des Fraktionspräsidenten der Grünen bekleidet hat.  Beruflich war er lange Zeit als politischer Sekretär der Genfer Grünen und dann für neun Jahre als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei den Parlamentsdiensten der Bundesversammlung tätig.

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