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Die öffentlichen Nahräume, Pfeiler einer nachhaltigen Stadt

28. Juni 2022 – Die Stadt Yverdon-les-Bains hat ein weitreichendes Vorhaben in die Wege geleitet: Die Schaffung eines Netzwerks attraktiver, nachhaltiger öffentlicher Räume, die nur 5 Minuten zu Fuss von jeder Einwohnerin und jedem Einwohner Yverdons entfernt sind. Denn in einer Zeit der stärkeren Sesshaftigkeit, des Klimawandels und der Lockdowns ist die Bereitstellung von Nahräumen so sinnvoll wie nie zuvor.
  • Sara Dias, Stadtplanerin und Architektin, Planung und öffentliche Räume 
  • Julie Riedo, Projektleiterin öffentliche Räume
  • Rachel Mullon, Dr. in Stadtplanung, Projektleiterin öffentliche Räume

Yverdon-les-Bains setzt sich seit vielen Jahren für Nachhaltigkeit ein, insbesondere durch ihre Zertifizierung als Energiestadt, mehrere Beitragsfonds und ehrgeizige Strategien zum Management von biologischer Vielfalt, Energie und Mobilität. Sie verstärkt gegenwärtig ihre Massnahmen, indem sie einen Klimaplan, eine Begrünungsstrategie und ambitionierte Flächennutzungspläne erstellt. Die Umsetzung von Strategien wie der Verdichtung des Siedlungsraums, der Reduzierung von Fahrstrecken und des Eingriffs in landwirtschaftliche Nutzflächen macht die Stadt widerstandsfähig und fördert die Bindung der Bevölkerung an den städtischen Raum. Vor diesem Hintergrund übernehmen die öffentlichen Räume eine entscheidende Rolle und tragen dazu bei, die Lebensqualität der Einwohnerinnen und Einwohner zu verbessern. 

Während die Städte oft die Aufwertung symbolträchtiger Orte in Angriff nehmen, scheint die Funktion der Nahräume in Zusammenhang mit den Verhaltensweisen der Bevölkerung und den sich daraus ergebenden Auswirkungen für die Gesundheit und die lokale Wirtschaft noch wenig erforscht. Die eigenen vier Wände zu verlassen reduziert gesundheitliche Risiken, die aus Isolation und die damit verbundenen Krankheiten (z.B. Fettleibigkeit oder Diabetes) entstehen. Ausserdem hat der Besuch von öffentlichen Nahräumen, die insbesondere mit der Natur oder der Sozialisierung in Verbindung stehen, auch nicht zu unterschätzende psychologische Auswirkungen, die zum Wohlergehen der Bevölkerung beitragen.  

Die Nahräume – ein einigendes und innovatives Projekt 
Im Jahr 2019 hat das Bundesamt für Raumentwicklung eine Ausschreibung für Projekte eingeleitet, um von 2020 bis 2024 innovative Initiativen mit dem Ziel der nachhaltigen Entwicklung zu begleiten und finanziell zu fördern. In diesem Rahmen wurde die Stadt Yverdon-les-Bains ausgewählt, um ihr Projekt «Ein öffentlicher Raum,  in 5 Minuten von jedem Einwohner und jeder Einwohnerin Yverdons erreichbar» zu entwickeln – mit dem ehrgeizigen Ziel, ab 2023 die Aufwertung mehrerer Pilotstandorte in den Quartieren einzuleiten, sowie einen Richtplan aufzustellen, der die städtischen Massnahmen für die kommenden 10–15 Jahre festlegt.  

Der Fokus auf die Nahräume wurde vom Bund besonders begrüsst, ebenso das sektorübergreifende Konzept mit dem Ziel, soziale Begegnungen, Bewegung sowie den Zugang zur Kultur stärker zu fördern. Der Stellenwert der Natur und der biologischen Vielfalt steht ebenfalls im Zentrum des Programms, das zudem eine Gender- und Inklusivitätsexpertise beinhaltet.  

Erste Resultate des Projekts 
Zwischen 2020 und 2021 führte die Stadt mit einer Arbeitsgruppe, die sich aus verschiedenen Fachabteilungen, Fachleuten sowie Vertreterinnen und Vertretern der Bevölkerung zusammensetzte, eine erste Analyse durch. Diese hat aufgezeigt, dass mehrere öffentliche Räume von einer Verbesserung profitieren würden, dass andere nur unzureichend genutzt werden und dass in manchen Quartieren ein solcher Raum gänzlich fehlt. Das allgemeine Ziel des Projekts wurde somit bestätigt: Vervollständigung und Verbesserung des Netzwerks der öffentlichen Nahräume der Stadt durch unterschiedliche, sich ergänzende Raumnutzung, die sich aus den Bestrebungen der Bevölkerung ergibt.  

Im Frühjahr 2022 hat die Stadtverwaltung ein Vernehmlassungsverfahren auf der Ebene der gesamten Stadt eröffnet, um die Ideen und Bedürfnisse der Einwohnerinnen und Einwohner zu sammeln und ihnen zugleich anzubieten, das Potenzial der bereits vorhandenen Räume vor Ort zu testen. Da letztlich die lokale Ebene entscheidend ist, lief das Verfahren über sieben aufeinanderfolgende Wochen in sieben verschiedenen Umgebungen. Um eine grosse Vielfalt an Zielgruppen zu erreichen, wurden mehrere Massnahmen vorgeschlagen: eine Online-Umfrage, die vor Ort verwaltet wird; Erkundungsgänge; Aktivitäten und Freizeitangebote, die von lokalen Vereinen oder Klubs organisiert werden; freie Verwendung eines veränderbaren Holzwürfel-Sets, mit dem während mehrerer Tage neue Konfigurationen und Nutzungsmöglichkeiten von Flächen ausprobiert werden können. 

Zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Artikels gewinnt die Stadt erste Erkenntnisse aus dem Verfahren. Einerseits hat dieser Prozess es ermöglicht, bestimmte, bisher wenig genutzte Nahräume neu zu entdecken und sie über kurze Zeiträume intensiver zu verwenden. Andererseits reicht eine hochwertige Grundausstattung (Schatten, Sitzgelegenheiten, Spielgeräte usw.) zu diesem Zeitpunkt offenbar nicht aus, damit diese Orte stärker genutzt werden. Die Anwohnerinnen und Anwohner bevorzugen gemeinschaftliche Aktivitäten, die einen geeigneten Raum sowie eine starke soziale und lokale Dynamik erfordern. Sind die Betreuung, die Kommunikation und die Gestaltung der Nahräume im Rahmen eines langfristigen Konzepts die neuen Herausforderungen des Gemeinwesens?

Ausblick 
Die vollständige Zusammenstellung der Vernehmlassung der Bevölkerung und die Einleitung von Pilotprojekten sind für den Winter 2022-2023 geplant. Bis dahin können alle nützlichen Informationen über das Projekt hier eingesehen und verfolgt werden:  www.yverdon-les-bains.ch/EP5.
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