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ISOS: Wertvolle Grundlage für eine nachhaltige Stadtentwicklung

20. September 2022 – Im Bundesinventar ISOS sind besonders bedeutende Ortsbilder der Schweiz verzeichnet. Das Inventar würdigt die Identität unserer Städte und Dörfer und stellt somit ein unverzichtbares Instrument für eine qualitätsvolle Siedlungsentwicklung dar. In einem jüngst erschienenen Leitfaden wird beschrieben, wie es in Raumplanungsverfahren einzubeziehen ist.

Oliver Martin hat einen Doktor in Architektur der ETHZ und ist Leiter der Sektion Baukultur im Bundesamt für Kultur.

 

Diesen Sommer stand Locarno mit seinem berühmten Filmfestival im Zentrum des Interesses. Aber wussten Sie, dass die Stadt ebenso wie Carouge, St. Gallen, Delsberg, Aarau, Bulle, Uster, Basel, Frauenfeld und Chur im ISOS, dem Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz von nationaler Bedeutung, verzeichnet ist? Alle darin aufgeführten Ortschaften, Dörfer und Städte haben es aufgrund ihrer besonderen Merkmale verdient, in diesem weltweit einzigartigen, die Gesamtheit der Ortsbilder eines Landes erfassenden Inventar verzeichnet zu sein.  

Tatsächlich benennt das ISOS Schweizer Ortsbilder von besonderer Bedeutung und würdigt deren Vielfalt. In diesem vom Bundesamt für Kultur (BAK) erarbeiteten Inventar werden die Besonderheiten der erfassten Orte beschrieben und nach einheitlichen wissenschaftlichen Kriterien bewertet. So ist es möglich, deren Geschichte und Identität nachzuvollziehen. Obgleich im ISOS festgehalten ist, welche Ortsbilder schützenswert sind, stellt es weder eine absolute Schutzmassnahme noch eine Planung dar. Vielmehr dient es als Entscheidungsgrundlage. Der Bund stützt sich bei der Erfüllung seiner Aufgaben auf die darin enthaltenen Informationen und die Kantone und Gemeinden berücksichtigen das Inventar bei ihren Planungen.  

Bedürfnisse der Bevölkerung müssen im Mittelpunkt stehen  
Ganz ohne Frage haben die gebaute Umwelt und ihre Gestaltung, ihre räumliche Kohärenz, ihr Bezug zum natürlichen Umfeld und ihre Wirkung auf selbiges, ihr Massstab und ihre Materialität einen direkten Einfluss auf das Wohlbefinden der Menschen. Daher ist es wichtig, die Entwicklung unserer Städte und Dörfer so zu gestalten, dass deren Qualitäten bewahrt und neue geschaffen werden. Schon lange ist bekannt, dass eine qualitätsvolle Entwicklung immer mit dem Verständnis des bereits Bestehenden beginnt. Bei Planungs- und Bauprojekten gilt es daher, spezifische, auf den Ort abgestimmte Massnahmen zu ergreifen.  

Diese müssen den Besonderheiten des Ortsbildes und den spezifischen lokalen Gegebenheiten Rechnung tragen und das Gemeinwohl und die Bedürfnisse der Einwohnerinnen und Einwohner in den Mittelpunkt rücken. In diesem Zusammenhang spielt das ISOS eine zentrale Rolle. Eine aktuelle Studie  zeigt, dass das Bundesinventar bei einer korrekten Berücksichtigung seiner Empfehlungen und einer entsprechenden Nutzung der bei der räumlichen Entwicklung bestehenden Spielräume eine Chance für eine qualitätsvolle Siedlungsentwicklung bietet und auf diese Weise erheblich zur Qualität der Baukultur in der Schweiz beiträgt. 

 

«Der ISOS-Leitfaden soll als Arbeitshilfe dienen.» 


In dem Bewusstsein, wie wichtig eine hohe Baukultur ist, haben der Bund, die Kantone, die Städte und die Gemeinden auf Initiative der Bau-, Planungs- und Umweltdirektoren-Konferenz (BPUK) den Leitfaden «Ortsbildschutz und Innenentwicklung» erarbeitet. Die Publikation richtet sich an kommunale und kantonale Entscheidungs- und Fachbehörden und zeigt auf, wie das ISOS bei Raumplanungsverfahren, die Ortsbilder von nationaler Bedeutung betreffen, konkret berücksichtigt werden kann.  

Der Leitfaden soll als Arbeitshilfe dienen und erläutert anhand von Flussdiagrammen die einzelnen bei den unterschiedlichen Raumplanungsverfahren (Nutzungsplanung, Sondernutzungsplanung, Bauvorhaben) zu befolgenden Schritte, die Spielräume, die je nach Art der Aufgabe (Bundesaufgabe, kantonale oder kommunale Aufgabe) bei den Entscheidungen bestehen, sowie die Rollenaufteilung, die es bei der Anwendung des ISOS (Bund, Kantone, Gemeinden, Eidgenössische Kommission für Denkmalpflege und Eidgenössische Natur- und Heimatschutzkommission) gibt. Es ist anzumerken, dass sich das Dokument auf die für die Gesamtschweiz geltenden Planungsregeln stützt; auf kantonale oder kommunale Besonderheiten wird nicht eingegangen. 

 

ISOS-Orte - ein Plus für den Schweizer Tourismus 
Dank ihrer Qualitäten sind die ISOS-Orte auch für den Tourismus sehr interessant. Daher hat Schweiz Tourismus 50 Orte entlang der Grand Tour of Switzerland ausgewählt und auf seiner Website vorgestellt. Darüber hinaus werden diese 50 Orte in einem Bildband mit dem Titel «Verliebt in schöne Orte» auf über 300 Seiten auf Deutsch, Französisch und Italienisch porträtiert. Ziel dieser Initiative ist die Förderung eines sanften Tourismus, abseits der bekannten Touristenpfade. Auch wenn man das eigene Land gut kennt, hält es noch viele Schätze bereit, die es zu entdecken gilt. 


 

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