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Neue Strategie, mehr Engagement: Die Einschätzung der Städte zur Kulturbotschaft

02. November 2023 – Der Schweizerische Städteverband begrüsst die Absicht des Bundesrates, sich in der Kulturpolitik strategisch neu auszurichten und sich mehr zu engagieren – auch finanziell. Dies machte er in seiner Stellungnahme zu Kulturbotschaft über die Förderung der Kultur 2025 – 2028 deutlich. Die Städte sind bekanntlich zentrale Akteurinnen in der Kulturpolitik und setzen sich für eine adäquat dotierte Kulturpolitik mit folgenden Schwerpunkten ein: bessere soziale Sicherheit von Kulturschaffenden, die Förderung neuer Formen der Kulturproduktion sowie eine neue Strategie zum Kulturerbe. Die vorgesehen Förderinstrumente und Prioritäten wirken sich auf Kantone und Städte aus. Eine gute Zusammenarbeit aller staatlichen Ebenen ist daher von Bedeutung.

Valeria Lucentini – Leiterin Kulturpolitik SSV

 

Die Städte erachten Kulturförderung als eine zentrale Aufgabe der öffentlichen Hand. Sie sind die Zentren der kulturellen Aktivitäten der Schweiz. Ihre Kulturförderstellen sind die ersten Ansprechpartnerinnen für Kulturinstitutionen, Kulturschaffende und kulturelle Organisationen. Rund die Hälfte der öffentlichen Kulturausgaben stammen aus städtischen Kassen. Entsprechend gross ist daher das Interesse an der strategischen Ausrichtung der Kulturförderpolitik des Bundes, die in der Kulturbotschaft definiert wird. Die Stellungnahme des Städteverbands ist zusammen mit seiner Sektion, der Städtekonferenz Kultur (SKK) erarbeitet worden.

 

In der Stellungnahme konzentrieren sich die Städte auf Bereiche, die eng mit ihren Anliegen verbunden sind: faire Entlöhnung der Kulturschaffenden, deren berufliche Vorsorge, die Aktualisierung der Kulturförderung, die Ambitionen des Bundes bezüglich einer stärkeren Steuerung der Kulturförderung sowie den Finanzierungsrahmen.

 

Faire Entlöhnung und soziale Sicherheit der Kulturschaffenden

In der Schweiz gehören 10,4 % aller Unternehmen und 5,4 % der Beschäftigten zum Kultursektor.

Kulturschaffende arbeiten häufig in befristeten Anstellungen, in Mehrfachbeschäftigung, als Selbstständige oder in einer Kombination aus mehreren dieser Arbeitsformen (s. Bericht des Bundesrates  «Die soziale Sicherheit der Kulturschaffenden in der Schweiz). Diese Beschäftigungsverhältnisse sind oft mit unterdurchschnittlichen Einkommen und weniger sozialen Sicherheit verbunden.

 

Die Umsetzung der geplanten Massnahmen, insbesondere die Einrichtung einer Beratungs- und Dienstleistungsstelle, der erleichterte Zugang zu Empfehlungen für angemessene Entlöhnungen, die Schaffung einer kollektiven Vorsorgeeinrichtung, die vorgeschlagenen Verbesserungen bei der Altersvorsorge sowie die Vereinfachung des Zugangs zum Status der Selbständigkeit muss gemeinsam begleitet werden. So wird vermeiden, dass die Verantwortung der Arbeitgebenden einfach an einen nationalen Dienst delegiert wird. Da es sich um eine öffentliche Finanzierung handelt, müssen auch Fragen der Zusammenarbeit, der Verantwortung und der Kosten für die Aufrechterhaltung eines solchen Dienstes geklärt werden. Die Vielfalt der Städte, ihre demografische Situation, ihre Ressourcen und ihre Kulturpolitiken bringen eine Vielzahl von Realitäten mit sich. Eine umfassende und interdepartementale Behandlung dieser Fragen auf nationaler Ebene ist für die Städte die einzige Option, um die vielfach ungenügenden Vorsorgesituationen im Kulturbereich nachhaltig und konkret zu verbessern. Dies ist hauptsächlich durch eine Reform der Gesetzgebung im Zusammenhang mit der sozialen Sicherheit zu erreichen.

 

Eine Kulturförderung, die die Kulturszene und -produktion widerspiegelt

Die Städte verstehen die Kulturproduktion als Kulturarbeit mit künstlerischem und professionellem Anspruch. Kulturelle Produktionsprozesse gehen über eine einfache Konsumproduktion hinaus. Sie umfassen Forschung, Entwicklung, Proben, Promotion und Vermittlung oder Diffusion. Prozessschritte, die derzeit national nicht systematisch finanziell unterstützt werden. Viele Städte sind in dieser Hinsicht Pionierinnen. Sie sehen für die Phasen vor und nach der Produktentstehung Massnahmen und Subventionierung vor. Es besteht jedoch Bedarf an einer nationalen Etablierung neuer Fördermodelle, die den ganzen kreativen Wertschöpfungsprozess berücksichtigen und seiner Komplexität besser gerecht werden. Zudem sollen sie einen Beitrag an eine faire Entlöhnung von Kunstschaffenden leisten. Die Modelle müssen flexibler und prozessorientierter sein, aus den Grenzen einzelner künstlerischer Sparten ausbrechen und sich an neue Entwicklungen anpassen.

 

Nationale Strategie zum Kulturerbe: Massnahmen mit Städten definieren

Der Bundesrat schlägt vor, zusätzliche Mittel für weitere Aufgaben wie den Denkmalschutz und die Pflege der UNESCO-Kulturstätten einzusetzen. Die Städte begrüssen dies. Die Koordination zwischen Stadtentwicklung und Ortsbildschutz, die Bauberatung und die Einbeziehung aller Stakeholder, sehen die Städte und Gemeinden im Mittelpunkt. Daher ist es notwendig, die Koordination auf lokaler Ebene zu stärken.

 

Die Umsetzung einer im Rahmen des Nationalen Kulturdialoges (NKD) erarbeiteten, übergeordneten «Nationalen Strategie zum Kulturerbe in der Schweiz» ist aus Sicht der Städte eine der wichtigsten Massnahmen dieser Kulturbotschaft. Die digitale Transformation der Gedächtnisinstitutionen, die Wissen bewahren und vermitteln, ihre entsprechenden Kompetenzen, finanziellen Ressourcen und Speicherkapazitäten sind wichtige Herausforderungen, denen sich die Städte bei der Umsetzung stellen werden. Die Massnahmen zur Bewältigung dieser Herausforderungen müssen jedoch mit den beteiligten Partnerinnen und insbesondere mit den Städten klar definiert werden. Die vom Bund aktuell unterstützten Netzwerke sind ausserdem wichtige und anerkannte Kompetenz- und Vermittlungszentren des nationalen Kulturerbes. Sie sind vom Bund finanziell nachhaltig und langfristig zu alimentieren.

 

Die Botschaft und ihr finanzieller Rahmen müssen zusammenstimmen

Für die Umsetzung der Botschaft sind finanzielle Mittel von rund einer Milliarde Franken vorgesehen. Mit dieser Summe lassen sich die umfangreichen Massnahmen kaum umsetzen. Es ist daher aus Sicht der Städte eine Priorisierung vorzunehmen. Sollen all die Bedürfnisse, die sich aus den genannten Handlungsfeldern ergeben, befriedigt werden, müssen sie durch eine entsprechende Erhöhung der Mittel gedeckt werden. Andernfalls besteht die Gefahr, dass im Rahmen der Umsetzung der Kulturbotschaft Druck auf die Finanzen der Städte und Kantone gemacht wird. Dies gilt u.a. für die angemessene Entlöhnung der Kulturschaffenden. Die Städte als grösste Kulturförderinnen im Lande wünschen sich explizit eine angemessene Unterstützung seitens des Bundes, da die Bedeutung von Kultur in allen Facetten sehr hoch ist.

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