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Die Dekarbonisierung des Verkehrs – die Städte und Agglomerationen brauchen mehr

20. Juni 2022 – In der Schweiz sind auf Bundesebene dringend notwendige Schritte für die Senkung der Treibhausgasemissionen im Verkehr eingeleitet worden: Autos werden zunehmend elektrisch, der ÖV soll künftig gar nicht mehr mit fossilen Treibstoffen verkehren. Der Städteverband unterstützt diese Anliegen. Dennoch: Damit kann weder die Verkehrswende noch die Qualitätssicherung der urbanen Lebensräume erreicht werden. Es braucht mehr Massnahmen, damit der Stadtraum lebenswert bleibt und die steigende Mobilität in den Griff zu bekommen ist.

Monika Litscher, Vize-Direktorin des Schweizerischen Städteverbandes

 

Die Fakten sind bekannt: Der Verkehr ist noch immer der grösste Verursacher von Treibhausgasemissionen. Die Städte sind von der Klimakrise besonders betroffen. Die Bevölkerung wächst vor allem im urbanen Raum. Handeln tut Not. So unterstützt der Städteverband denn auch Forderungen auf nationaler Ebene, die eine Dekarbonisierung des Verkehrs voranbringen.

 

Der öffentliche Verkehr vereint nebst Fuss- und Veloverkehr Energie- und Flächeneffizienz

Ende Mai hat das Parlament die Motion (21.3977) zur Förderung von nichtfossilen Verkehrsträgern im öffentlichen Verkehr angenommen (News des Städteverbandes). Damit soll die Elektromobilität begünstigt und die Emissionen vermindert werden. Im Rahmen eines Gesamtkonzepts gilt es nun, fossil betriebene Motoren der Fahrzeuge des regionalen Personen- und Ortsverkehrs zu ersetzen. Der Städteverband wirkt im Austausch mit Bundesbehörden, Kantonen und Gemeindeverband mit und setzt sich für eine gute Umsetzung für die Städte und Agglomerationen ein.

 

Für diesen Zweck sind auch die Mehreinnahmen, die infolge der Abschaffung der Mineralölsteuerbefreiung für Dieselbusse des öffentlichen Verkehrs zur Verfügung stehen, zu verwenden. Die bisherige Förderung von Verbrennungsmotoren soll einer Unterstützung von elektrisch betriebenen Fahrzeugen weichen. So sieht es auch die vorgeschlagene Revision des CO2-Gesetzes vor, die noch in der Vernehmlassung ist. Für die Städte ist diese Umstellung wichtig, vereint doch der öffentliche Verkehr – nebst Fuss- und Veloverkehr – Energie- und Flächeneffizienz am besten.

 

Die Städte streben einen Shift im Modalsplit an

Auch bei den Neuzulassungen der Fahrzeuge des motorisierten Individualverkehrs (MIV) soll künftig der Verbrennungsmotor hintenanstehen. Ein Schritt in diese Richtung ist die Roadmap Elektromobilität 2025, die der Städteverband Mitte Mai unterzeichnete. Zusammen mit Bund, Kantonen, Gemeinden und Unternehmen unterstützt der SSV damit die Elektrifizierung des MIV und die Reduktion der Treibhausgasemissionen. Konkret soll bis ins Jahr 2025 im Neuverkauf 50% des Marktanteils auf Steckerfahrzeuge fallen. Für das Laden der Fahrzeuge ist primär der private Grund, daheim, am Arbeitsort und unterwegs vorgesehen. Die zweite Option ist der allgemein zugängliche Raum, z.B. an Tankstellen. Ultima Ratio stellen allenfalls einzelne Städte von sich aus, öffentlichen Raum für Ladestationen zur Verfügung. Es ist jedoch nicht die Aufgabe der Städte, Ladeinfrastruktur bereitzustellen.

 

Der Beitrag zur Dekarbonisierung des Verkehrs ist für die Städte und Agglomerationen wichtig; er ist Teil einer verträglicheren Gestaltung des Verkehrs. Bei tieferem und sicherem Tempo werden nicht nur die Ressourcen reduziert, sondern auch die Lärmemissionen gesenkt. Doch mit der sukzessiven Umstellung auf Elektroautos werden die grössten städtischen Probleme nicht gelöst. Verkehr wird weder vermieden noch verlagert. Für den Umgang mit dem fehlenden Platz rückt vielmehr die Frage der Flächeneffizienz in den Vordergrund. Städte zielen daher auf eine nachhaltige Verlagerung der Verkehrsanteile hin zu mehr ÖV, Fuss- und Veloverkehr und damit auf eine Verschiebung im Modalsplit.

 

Strassen für alle führen zu einer Verkehrswende

Eine solche Umstellung ist inzwischen Pflichtprogramm für Städte und Agglomerationen, wollen sie auch künftig als Lebensräume attraktiv bleiben. Auf der einen Seite gilt es lokal die Klimakrise zu bewältigen und Klimaanpassungen einzuleiten. Dazu braucht es im Stadtraum mehr Grün und Blau, die Biodiversität soll bewahrt werden. Die Bevölkerung fordert konkret zusehends mehr Grünflächen, schattenspendende Bäume und weniger versiegelte Flächen. Kurzum: die Lebensgrundlagen sollen nicht zerstört werden. Der Städteverband unterstützt bestehende und neue nationale Rahmenbedingungen und Forderungen, die solche lokalen und regionalen Massnahmen stärken.

 

Auf der anderen Seite ist seit der Annahme des Raumplanungsgesetzes, das der Städteverband unterstützt hat, eine konsequente Innenverdichtung gefordert. So kann auf das anhaltende Bevölkerungswachstum in den Städten und Agglomerationen reagiert werden. Dort wird sich entscheiden, wie die Schweiz die Klimakrise bewältigt und, welche räumlichen Qualitäten und Möglichkeiten für das Leben und Wirtschaften geboten werden. Schon jetzt wohnen im urbanen Raum drei Viertel der Bevölkerung. Doch der Platz im Siedlungsgebiet ist endlich: Eine simple Erweiterung der bestehenden Verkehrsinfrastruktur ist weder möglich noch gewünscht. Vielmehr ist eine Neuorganisation der Stadträume und der Mobilität notwendig.

 

In diesem Sinne haben bereits heute viele Städten ihre neuen Ziele strategisch und in den lokalen Planungsgrundlagen festgehalten. Dabei werden Strassenräume vermehrt als öffentliche Räume verstanden. Mit entsprechender Gestaltung und Regelung erhalten dann flächeneffiziente Fortbewegungsarten wie Gehen, Velofahren und der öffentliche Verkehr Priorität. Zugleich werden Bewegungen und Begegnungen für alle im Stadtraum gefördert. Damit wird und bleibt das Leben attraktiv und das Wirtschaften erfolgreich. Trotz des Handlungsspielraumes auf kommunaler Ebene brauchen die Städte und Agglomerationen Unterstützung seitens des Bundes und der Kantone, damit die Verkehrswende gelingt. Der Städteverband setzt sich dafür ein.

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