Das neue CO2-Gesetz unterstützt die Klimapolitik der Schweizer Städte
Die Schweizer Städte und Agglomerationen sind von der Klimaerwärmung direkt betroffen und nehmen im Kampf dagegen eine tragende Rolle ein. Deshalb unterstützt der Schweizerische Städteverband die Revision des CO2-Gesetzes, über welche die Stimmbevölkerung am 13. Juni 2021 abstimmen wird.
Einleitung
Die Klimaerwärmung trifft die Städte ganz besonders. So ist beispielsweise im Sommer mit vermehrten Hitzewellen zu rechnen. Bereits Mitte des 21. Jahrhunderts werden Hitzewellen jährlich auftreten, was heute nur ungefähr alle zehn Jahre der Fall ist. Sommermonate mit mehreren aufeinanderfolgenden Hitzetagen mit über 30 Grad werden in den Schweizer Städten zum Normalfall.
Ebenso sind Städte und Agglomerationen wegen der hohen Bevölkerungsdichte besonders empfindlich gegenüber Extremereignissen wie Starkregen oder Hochwasser, die klimabedingt zunehmen werden. Ausserdem werden klimatische Effekte durch stadtspezifische Gegebenheiten wie die eingeschränkte Windzirkulation oder fehlende Beschattung und Grünflächen verstärkt. Den Städten und Agglomerationen drohen beachtliche Zusatzkosten, um städtischen Hitzeinseln zukünftig besser zu begegnen und sich gegen Schäden durch Unwetter und Hochwasser zu schützen.
Neben wirtschaftlichen Schäden ist, vor allem für die ältere Bevölkerung, mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu rechnen, bis hin zu einer Zunahme von Todesfällen. Gegenüber den Kindern und Jugendlichen haben die Städte zudem ihre Verantwortung wahrzunehmen, eine zukunfts- und lebensfähige Stadt zu erhalten.
Argumente
Aus Sicht der Städte sprechen folgende Argumente für die Annahme des CO2-Gesetzes:
- Dieses Gesetz schafft eine nationale gesetzliche Grundlage und stellt eine deutliche Verbesserung dar, um die angestrebten Reduktionsziele des Bundesrats und des Klimaübereinkommens von Paris zu erreichen. Dies ist wichtig für die Städte und Agglomerationen, welche seit längerem Anstrengungen unternehmen, den CO2-Ausstoss zu reduzieren.
- Ein nationaler Rahmen hilft den Städten, ihre eigenen Ziele zu realisieren und verstärkt im lokalen Klimaschutz aktiv zu sein. So hilft die CO2-Abgabe, dass nicht-fossile Heizungen wie Fernwärme oder Wärmepumpen auch in privaten Mehrfamilienhäusern und Geschäftsgebäuden konkurrenzfähig werden.
- Es führt zu einer Planungs- und Rechtssicherheit. Ohne ein neues CO2-Gesetz würden Instrumente wie das nationale Reduktionsziel 2030, die Rückerstattung der CO2-Abgabe an die Unternehmen oder die Kompensationspflicht für die Importeure fossiler Brennstoffe wegfallen.
- Es stellt die nötigen finanziellen Mittel für eine fortschreitende Wärmeversorgung ohne Erdöl und Erdgas in der Schweiz zur Verfügung. So werden unter anderem mehrere hundert Millionen Franken jährlich für die weitere Förderung von energetischen Gebäudesanierungen sichergestellt. Zudem wird die städtische Energieplanung unterstützt, und für Fernwärmeprojekte in Städten oder Agglomerationen sind Bürgschaften möglich.
- Mit den CO2-Grenzwerten im Gebäudebereich wird der Umstieg zu einer nicht-fossilen Wärmeversorgung beschleunigt. Dieser Umstieg wird mit Förderinstrumenten im Rahmen eines Bundesprogrammes und der bisherigen Programme der Kantone erleichtert. Die Abkehr von Erdöl und Erdgas dürfte ebenfalls zu einer erheblichen Verbesserung der Luftqualität in urbanen Räumen führen.
- Für die Elektromobilität sind Unterstützungsmassnahmen vorgesehen, zum Beispiel mit der finanziellen Förderung von Ladestationen in Mehrfamilienhäusern oder Anreizen für die Umstellung des öffentlichen Verkehrs auf Elektrofahrzeuge.
- Mit Anreizen für Innovation fördert das Gesetz die Wettbewerbsfähigkeit und schafft zukunftsfähige Arbeitsplätze in vielen Branchen. Davon profitieren gerade auch die Städte und Agglomerationen mit ihrer gut ausgebauten Infrastruktur und den hochwertigen Fachhochschulen und Universitäten.
- Für die Revision ist nach einer breiten und ausführlichen Debatten unter Einbezug aller Interessengruppen ein gut schweizerischer Kompromiss gefunden worden. Bundesrat, Parlament, die Kantone und die Städte stehen dahinter. Auch die Wirtschaft unterstützt das Gesetz, da es verlässliche und liberale Rahmenbedingungen schafft.
- Mit dem Umbau des Energiesystems bleibt jährlich mindestens 1.5 Mia. Franken zusätzliche Wertschöpfung in der Schweiz. Geld, das bei der Schweizer Wirtschaft und beim lokalen Gewerbe bleibt (Studie Wärme Initiative Schweiz).
Argumente des Referendumskomitees
Durch die Erhöhung der CO2-Abgabe auf fossilen Brennstoffen und den Umstieg auf klimaverträgliche Heizungen erhöhen sich die Mietkosten.
Die CO2-Abgabe auf Brennstoffen kann in Einzelfällen zu Mehrausgaben führen. Über die Rückverteilung und Förderprogramme werden die Mieterhaushalte in der Tendenz jedoch von der Abgabe profitieren. Die Vorschriften im Bereich der Heizungen belasten die Mieterhaushalte langfristig nicht zusätzlich. Neue Heizungssysteme führen normalerweise zu tieferen Kosten, insbesondere wenn die Heizungskosten miteinbezogen werden. Die finanziellen Auswirkungen der Vorlage auf einen Mieterhaushalt sind gering und die Vorschriften werden den Wohnungsmarkt nicht in grösserem Ausmass beeinflussen.
Das Gesetz wurde von Bundesrat und Parlament in ein kompliziertes Bürokratiemonster mit zahlreichen Verboten und Vorschriften verwandelt.
Das aktualisierte CO2-Gesetz bedient sich bestehender und bewährter Instrumente und stärkt sie wo notwendig und sinnvoll. Der Begriff Bürokratiemonster ist bestenfalls ein Schlagwort, welches nichts zu einer sachlichen Diskussion beiträgt.
Es drohen Mehrkosten von 1'500 Franken jährlich pro Familie.
Diese Berechnung ist unrealistisch. Die CO2-Abgabe wird zum grösseren Teil an die Bevölkerung und an die Wirtschaft rückverteilt. Die Rückverteilung an die Bevölkerung wird dabei unbürokratisch via Krankenkassenprämie ausgeführt. Weil sie pro Kopf inkl. Kinder erfolgt, profitieren Wohnungseigentümer/innen mit unterdurchschnittlichem fossilem Energieverbrauch von der CO2-Abgabe, die Rückverteilung wird bei ihnen oft höher sein als die Abgabe. Familien mit Kindern sind primär Gewinner.
Viele Hauseigentümer können sich den Ersatz ihrer Öl- oder Gasheizung mit einer erneuerbaren Lösung nicht leisten. Das CO2-Gesetz bringt damit viele Eigenheimbesitzer um ihr hart erarbeitetes Heim, was insbesondere die Rentner trifft.
Die neuen Vorschriften gelten nicht ab sofort, sondern erst bei einem Heizungsersatz. Es muss also niemand aufgrund des CO2-Gesetzes eine funktionsfähige Heizung ersetzen. Wenn es soweit ist, stehen verschiedene Möglichkeiten wie Wärmepumpen oder Holzschnitzelheizungen zur Auswahl, deren Einbau heute oft finanziell aus dem Klimafonds und/oder mit kantonalen Beiträge unterstützt wird.
Wir produzieren sowieso schon zu wenig Strom im Winter. Heizen mit Strom wird deshalb nicht funktionieren. Die Photovoltaik (PV) produziert im Winter zu wenig Elektrizität.
Die Produktion von genügend Strom im Winter ist für die Schweiz eine Herausforderung. Es gibt aber verschiedene Ansätze dazu. Erstens nimmt der Gesamtverbrauch an elektrischer Energie durch Effizienzmassnahmen bis 2050 insgesamt ab. Zweitens gibt es effiziente CO2-neutrale Wärme-Kraft-Kopplungs-Lösungen. die neben der PV zur Stromproduktion beitragen, und drittens werden laufend technische Fortschritte erzielt bei der Energiespeicherung, die mit einer CO2-Abgabe gegenüber Erdöl und Erdgas auch konkurrenzfähig wird.
Die Schweiz steht in Sachen Klimaschutz bereits mustergültig da und verursacht insgesamt nur 1/1000 der Klimaemissionen weltweit.
Pro Kopf verursacht die Schweiz die vierthöchsten Treibhausgasemissionen weltweit. Als hochentwickeltes Land hat sie eine grosse Verantwortung, Emissionen zu reduzieren. Mit dem revidierten CO2-Gesetz schafft sie die Grundlage, ihre Klimaverantwortung wahrzunehmen und einen grossen Schritt in Richtung des Ziels, bis 2050 netto null Emissionen zu verursachen.
Lag der Pro-Kopf-Ausstoss von Treibhausgasen (THG) 1990 noch bei 8 Tonnen, so sind es 2018 nur noch 5.4 Tonnen. Geht die Entwicklung so weiter, wird die Schweiz bis 2030 noch 3.8 Tonnen Treibhausgase ausstossen, was weniger als der Hälfte des Wertes von 1990 entspricht. Die Zahlen belegen: Unser Land ist klimapolitisch auf dem richtigen Weg. Das CO2-Gesetz ist überflüssig.
Gemäss Pariser Abkommen müssen die Gesamtemissionen reduziert werden, nicht der Pro-Kopf-Ausstoss. Hier wird die Schweiz bereits ihr Ziel für 2020 von minus 20% gegenüber 1990 nicht erreichen. Zudem verursacht die Schweiz nicht nur im Inland Emissionen, sondern – durch den Import von Gütern – auch im Ausland. Die Schweiz ist klar hinter dem Fahrplan, um die CO2-Ziele zu erreichen. Dies zeigen auch unabhängige Analysen wie z.B. der Climate Action Tracker.
Was passiert, wenn das CO2-Gesetz abgelehnt wird?
Das aktuelle Gesetz deckt den Zeitraum von 2013 bis 2020 ab. Die Gesetzesrevision legt das Ziel für das Jahr 2030 fest und definiert die notwendigen Massnahmen, um dieses Ziel zu erreichen. Sowohl das Ziel als auch die Massnahmen würden bei einer Ablehnung der Gesetzesrevision fehlen. Zudem würden ohne das neue CO2-Gesetz die Rückerstattung der CO2-Abgabe an die Unternehmen oder die Kompensationspflicht für die Importeure fossiler Brennstoffe wegfallen. Bei einer Ablehnung muss das ganze Gesetzgebungsverfahren von vorn begonnen werden. Bis zu einem neuen Vorschlag würden wieder mehrere Jahre vergehen.